Sorge um Reisen zur Weihnachtszeit

von Redaktion

Nicht-EU-Bürger brauchen einen negativen Test – „Viele sind ganz allein in München“

München – Je näher die Feiertage rücken, desto größer die Befürchtungen in der Politik: Wie diszipliniert werden sich die Menschen verhalten – vor allem, was Reisen angeht? „Ja, die Grenzen sind offen“, sagt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder gestern in seiner Regierungserklärung. „Aber es wäre besser, jeder überlegt sich, ob er eine Urlaubsreise wirklich braucht.“

Man solle jetzt besonders vorsichtig sein – denn im Frühjahr und im Sommer seien Reiserückkehrer aus dem Ausland ein Hauptrisiko für die Verbreitung des Virus gewesen. Für die Einreise nach Bayern müssen jetzt deshalb alle Nicht-EU-Bürger einen negativen Corona-Test vorlegen. Für EU-Bürger gilt hingegen weiterhin: „Wer aus einem Risikogebiet kommt“, so Söder, „muss für zehn Tage in Quarantäne.“ Erst ab dem fünften Tag darf man sich freitesten.

Tatsache ist: Fast ganz Europa ist ein einziges Risikogebiet. Österreich hat deshalb schon Anfang Dezember die Einreise aus allen Nachbarländern praktisch unmöglich gemacht. Besorgt sei man auch wegen der Menschen, die vom Balkan stammen und dort die Feiertage verbringen wollen.

Der Blick auf die Corona-Zahlen in den Balkanländern ist tatsächlich besorgniserregend: Kroatien und Serbien haben einen Inzidenzwert weit über 600, Slowenien liegt bei knapp 500. Auch Bulgarien und Rumänien sind mit Grenzwerten über 200 nach deutscher Definition besonders kritische Corona-Hotspots.

Sadija Klepo, 66, Chefin des Migranten- und Flüchtlingsvereins „Hilfe von Mensch zu Mensch“, sagt: „Ich habe über 100 Mitarbeiter – von denen sind bestimmt 75 Prozent Migranten, die gern an den Feiertagen heimfahren würden.“ Die meisten von ihnen würden über die Feiertage in Deutschland bleiben. „Ich habe aber auch einige Mitarbeiter, etwa aus Kroatien, die an Weihnachten ihre Familie besuchen werden. Denen ist klar, dass sie bei ihrer Rückkehr in Quarantäne müssen – das verrechnen sie dann mit Resturlaub.“

Klepo sagt, sie könne ihren Mitarbeitern nicht verbieten, ihre Familien zu besuchen. „Und das möchte ich auch nicht. Ich kenne viele, die sind ganz allein in München. Ich bin selbst Oma und Mutter, und ich kann verstehen, wie schwer es ist, die Feiertage ohne die Familie zu verbringen.“ Sie selbst sei vor 28 Jahren als Flüchtling aus Bosnien-Herzegowina nach Deutschland gekommen. „Eigentlich verbringe ich dort immer Silvester. Aber diesmal kann ich das nicht riskieren.“

Diese Einstellung hätten in ihrem Bekanntenkreis die meisten Menschen mit ausländischen Wurzeln, sagt sie. Im Sommer sei das noch anders gewesen. „Da war jeder irgendwo unterwegs“, sagt Klepo. „Aber jetzt spürt man, dass die Lage ernst genommen wird. Jeder kennt irgendwen, der Corona hat.“

Dennoch wird die bayerische Polizei demnächst stärker auf Kontrollen achten. „Insgesamt hat die Polizei die Kontrollen zur Einhaltung der Corona-Schutzmaßnahmen deutlich verstärkt“, sagt ein Sprecher des bayerischen Innenministeriums. Auch die Bundespolizei will demnächst an Binnengrenzen verstärkt Präsenz zeigen, um Reisende auf „landesspezifische“ Corona-Bestimmungen hinzuweisen, heißt es im Bundesinnenministerium auf Anfrage unserer Zeitung.

Die Einreise in Balkan-Länder ist hingegen oftmals uneingeschränkt: Nach Kroatien und Bulgarien etwa können EU-Bürger ohne Einschränkungen einreisen. Serbien hingegen lässt ab dem 20. Dezember nur noch Reisende mit negativem Test ins Land. KATHRIN BRAUN

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