Eine Umarmung auf dem Tandem

von Redaktion

Jens Spahn bekennt sich zur Teamlösung mit Armin Laschet: „Führung ist keine One-Man-Show“

München – Kraftstrotzende Ansagen sind nicht so das Ding von Armin Laschet. Letzte Woche versuchte er erneut, seinen Machtanspruch zu formulieren. Heraus kam eine dreifache Verneinung: „Sie werden nicht Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, wenn Sie nicht den Willen zur Macht haben, wenn Sie nicht gestalten wollen.“

Der Mann, der keinen Machtwillen nicht hat: Solch rhetorische Purzelbäumchen lassen immer wieder Zweifel zu, ob Laschet wirklich hinreichend will, kann und soll. In vier Wochen ist der entscheidende CDU-Parteitag, bei dem die Vorsitzendenwahl startet und die Weichen für die Kanzlerkandidatur gestellt werden. Und für den NRW-Regenten schaut es gar nicht so gut aus. Fragt man das Volk, wem es die Unions-Kanzlerkandidatur zutraut, landet Laschet seit Monaten weit hinten. Auch bei der Frage nach dem Parteivorsitz ist er hinter den Konkurrenten Friedrich Merz und Norbert Röttgen abgeschlagen. Selbst unter Unions-Anhängern sind mehr für „Weiß nicht“ (22 Prozent) als für Laschet (13); auch hier führt Merz (43) vor dem unbeirrt aufholenden Röttgen (23, Quelle: „Civey“ für den „Spiegel“). Entscheidend sind zwar nicht Umfragen, sondern die Delegiertenstimmen – doch auch da schildern CDU-Nahbeobachter die Lage diffus.

In dieser Phase ist es ein Weihnachtsgeschenk für Laschet, dass sich sein Tandempartner für die Bewerbung, Gesundheitsminister Jens Spahn, hinter ihn stellt: mit einem gemeinsamen Gastkommentar im „Spiegel“. Es ist offiziell eine Skizze für die Zukunft der CDU, aber eben auch eine Solidaritätsadresse an Laschet: Spahn wird nicht vom Tandem springen, nicht selbst kandidieren – obwohl ihm das aus Teilen der Unionsfraktion sowie der CSU eindringlich nahegelegt wurde. Er ordnet sich endgültig ein und nötigenfalls unter. Weniger aus glühender Freude, sagt einer, der Spahn gut kennt, mehr aus Vernunft.

Ein Team zu sein, damit wollen sich Laschet und Spahn offensiv von Merz und Röttgen abheben, vielleicht auch ein wenig vom Bayern Markus Söder. „Führung heißt nicht One-Man-Show“, schreiben sie in dem Beitrag. Eine Partei mit so viel Verantwortung „lebt vom Wir“.

Der CDU versprechen sie einen neuen Stil und mehr Mitsprache. Laschet gelobt, künftig werde wieder „die Partei und ihr Programm die Regierungsarbeit prägen, nicht umgekehrt“. Sprich: Ein Kanzler macht, was das Parteiprogramm als Leitplanken setzt; statt dass im Kanzleramt entschieden wird und die Partei folgsam hinterherwackelt, wie es in CDU und CSU seit einem Jahrzehnt läuft.

Inhaltlich bieten Laschet und Spahn für jeden etwas in ihrem Beitrag. Beispiel Migration: In einem Satz werden erfolgreiche Einwanderungsgeschichten gepriesen. Einen Atemzug zuvor fordern sie eine Politik, „in der Gefährder, Straftäter und Migranten, die nicht schutzbedürftig und ohne Aufenthaltsstatus sind, zurückgeführt werden“. Das widerspricht sich nicht, zeigt aber Laschets allumarmenden Ansatz: Er will es kurz vor der Wahl niemandem nicht recht machen.

CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

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