Koalition erwägt Verbot von Impf-Sonderrechten

von Redaktion

„Regelungslücke im Privaten“: SPD und CSU planen Verschärfung im Bürgerlichen Gesetzbuch

Berlin/München – Abgeordnete der Großen Koalition basteln an Gesetzen, um Sonderrechte für Geimpfte zu verhindern. Bisher dürften zum Beispiel Wirte entscheiden, dass sie nur ins Haus lassen, wer den Piks schon zweimal absolviert hat; auch Fluglinien dürften Ungeimpfte pauschal ausschließen. Vor allem in der SPD reifen Pläne, hier rechtlich einzugreifen.

Die SPD-Fraktion prüfe Maßnahmen, „wie Ungleichbehandlungen von Nicht-Geimpften und Geimpften durch die Privatwirtschaft ausgeschlossen werden könnten“, sagte der rechtspolitische Fraktionssprecher Johannes Fechner der „Welt“. Auch in Teilen der CSU gibt es dafür Sympathien.

Ein Weg wäre, das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) zu ändern. Fechner schlägt vor, Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verbieten, „die den Transport von Personen an den Impfstatus knüpfen“. Auch „eine Klarstellung im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, dass niemand benachteiligt werden darf, der sich nicht impfen lässt“, sei denkbar.

Für den Staat gilt das ohnehin bereits. Ungeimpfte dürfen nicht benachteiligt werden. Auch der CSU-Rechtspolitiker Volker Ullrich weist auf eine „Regelungslücke im privaten Bereich“ hin. Im Privaten gelte Vertragsfreiheit, jedoch auch der Schutz vor Diskriminierung aufgrund mittelbarer Drittwirkung von Grundrechten. „Wir brauchen also eine Debatte, ob hier eine unterschiedliche rechtliche Behandlung gerechtfertigt ist“, so Ullrich gegenüber unserer Zeitung. Der Augsburger Abgeordnete weist aber auf die unklare medizinische Lage hin. „Derzeit wissen wir noch nicht, ob eine Impfung davor schützt, andere anzustecken.“

Die Debatte über Sonderrechte wird damit lauter. Dafür spricht, dass der Staat Grundrechte nur einschränken darf, wenn es absolut unerlässlich ist – warum also länger Ausgangssperren oder sonstige Verbote für Geimpfte? Dagegen spricht, dass indirekt eine Art Impfzwang entstehen würde – wer sich partout nicht impfen lassen will, in Umfragen bis zu einem Drittel der Bevölkerung, wäre dann von vielen Restaurantbesuchen, Konzerten oder Reisen ausgeschlossen.

Zuständig wäre für Eingriffe ins BGB der Bund. Ausgeschlossen ist das nicht. Auch Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) hält Privilegien für Menschen mit Impfung für falsch – grenzt aber ein: zum jetzigen Zeitpunkt. Solange nicht allen ein Impfangebot gemacht werden könne, sei es „ein Gebot der Fairness und der Solidarität, Sonderrechte weder einzufordern noch anzubieten“. Man solle „die richtigen Diskussionen zur richtigen Zeit führen“, mahnt Lambrecht.

Die CDU-Fraktion signalisiert hingegen klare Ablehnung. Ihr Rechtspolitiker Jan-Marco Luczak spottet über „verfrühte und hypothetische Diskussionen über verfassungsrechtlich zudem zweifelhafte Verbote“. Einem Clubbetreiber bringe es „gar nichts, wenn er 80-Jährigen den Zutritt erlauben würde, den feierwilligen 20-Jährigen, die noch keine Impfmöglichkeit haben, dagegen nicht“.

Ein reines Phantom ist die Debatte indes nicht, zeigen auch Reaktionen von Wirten. Der bayerische Hotel- und Gaststättenverband kann sich gelockerte Regeln für Geimpfte gut vorstellen. Auch Kindergärten verlangten Impfungen. Und wenn 50 Menschen im Gasthaus zusammen feiern wollen „und alle geimpft sind, warum nicht?“, sagte Verbandspräsidentin Angela Inselkammer: „Ich würde da relativ pragmatisch vorgehen.“  cd/lby/kna

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