Der Impf-Weltmeister heißt Israel

von Redaktion

Tel Aviv – Auf dem zentralen Rabin-Platz in Tel Aviv steht ein riesiges weißes Zelt. Von Montag an sollen dort im Minutentakt Bürger gegen Corona geimpft werden. Schon seit dem 19. Dezember läuft in Israel eine massive Impfkampagne. Auf anfängliche Skepsis vieler gegen die Impfung folgte ein Ansturm auf die Impfstationen. Laut „Our World in Data“ hatte Israel am Dienstag mit bereits 7,44 Dosen je 100 Einwohner bei den Impfungen klar die Nase vorn. Schon am Dienstag wurde das Ziel überschritten, täglich rund 150 000 Israelis zu impfen. Wie schafft das kleine Land ein so rasantes Tempo?

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat Israel bereits zum „Corona-Impfweltmeister“ erklärt. Sehr früh hatte er den Wettlauf um den Impfstoff zur Chefsache gemacht. Immer wieder telefonierte Netanjahu mit Pfizer-Chef Albert Bourla, um Millionen von Impfdosen für sein Land zu sichern. Als der 71-Jährige sich als Erster mit dem Biontech-Pfizer-Impfstoff impfen ließ, sagte er, Bourla sei inzwischen „ein persönlicher Freund von mir und ein Riesenfreund des Staates Israel“. Der Regierungschef hatte früher auch gesagt, Bourla sei sehr stolz auf seine jüdisch-griechische Abstammung.

Nach Angaben Netanjahus hat Israel mit Pfizer die Lieferung von acht Millionen Impfdosen und mit Moderna von sechs Millionen Impfdosen vereinbart. Modernas Medizinvorstand Dr. Tal Zaks ist Israeli, er hat in der Wüstenstadt Beerscheva studiert. Millionen Impfdosen sind nach Medienberichten schon im Land – die genaue Zahl wird geheim gehalten. Als die ersten Impfdosen von Biontech-Pfizer am 9. Dezember in Israel landeten, nahm Netanjahu sie persönlich am Flughafen in Empfang.

Professor Arnon Afek, Vize-Direktor des Schiba-Krankenhauses bei Tel Aviv, sieht verschiedene Gründe für den besonders erfolgreichen Ablauf der Impfkampagne in Israel. „Erstens haben wir ein sehr starkes öffentliches Gesundheitssystem, mit Krankenversicherung für alle Bürger“, sagt der ehemalige Generaldirektor des Gesundheitsministeriums. Das Modell basiere auf dem deutschen System, mit Krankenkassen und Krankenhäusern. „Die deutschen Juden, die nach Israel emigrierten, haben es mitgebracht und hier eingerichtet.“ Außerdem sei Israel ein hochtechnologisches Land mit weltweit führender medizinischer Ausrüstung und ausgezeichneten Lagerungsmöglichkeiten für den Corona-Impfstoff. Nicht zuletzt sei Israel ein sehr kleines Land, das nicht in Bundesländer aufgeteilt ist.

Nach Medienberichten zahlt Israel für den Biontech-Pfizer-Impfstoff einen 40 Prozent höheren Preis als die USA, gegenüber Europa sei die Differenz sogar noch größer. Berechnungen zufolge überweist Israel umgerechnet fast 23 Euro für eine Dosis, in Europa sind es nur 12 Euro. SARA LEMEL

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