Dänemark ist Europameister

von Redaktion

Das kleine Land impft mehr als doppelt so schnell wie Deutschland – am 27. Juni sollen alle Bürger versorgt sein

München – Gelegentlich unterlaufen sogar Musterschülern Fehler. In Dänemark war es vergangene Woche soweit, hunderte Corona-Impftermine konnten aus technischen Gründen nicht digital verschickt werden. Das hatte zur Folge, dass die Impfzentren zwar auch am Dienstag und Mittwoch auf einen regen Betrieb eingestellt waren – dass aber kaum jemand kam.

In den EU-Statistiken machte sich diese Delle nicht bemerkbar. Wenn es um die Versorgung der Bürger mit Vakzinen geht, liegen die Dänen unangefochten an der Spitze. Bis gestern erhielten 2,02 Prozent aller Einwohner eine Injektion – mehr als doppelt so viele wie beim Nachbarn Deutschland (0,82). Klammert man Großbritannien (4,19) aus, das nicht mehr zur EU zählt, ist das Land aktuell Europameister.

Während die Briten knapp drei Wochen früher mit dem Immunisieren begannen, hatte das kleine Dänemark die gleichen Voraussetzungen wie alle anderen EU-Staaten. Über die Verteilkanäle der Union erhielt das staatliche Serum-Institut – vergleichbar mit dem deutschen Robert-Koch-Institut – die vereinbarte Menge an Dosen, die sich an der Einwohnerzahl (5,8 Millionen) orientierte. Doch seit am 27. Dezember der 79-jährige Leif Hasselberg aus Odense die erste Spritze bekam, läuft vieles besser als im Rest Europas, das hitzig über die Strategie diskutiert.

Zugute kommt den Menschen zwischen Esbjerg und Kopenhagen, dass das Land wie seine skandinavischen Nachbarn über eine gut ausgebaute digitale Infrastruktur verfügt. Im aktuellen Digitalisierungsindex der EU, der im Dezember veröffentlicht wurde, liegt Dänemark auf Platz drei, hinter Finnland und Schweden. Deutschland ist Zwölfter. Der Mangel an Impfstoff mag, wie überall auf dem Kontinent, auch für die Dänen ein Problem sein. Doch die Verteilung an die Zentren, das Organisieren von Terminen, das Impfen selbst und das statistische Erfassen der Geimpften verlaufen wesentlich geschmeidiger als in anderen Staaten. Wenn das Serum erst mal im Land ist, landet es auch zügig in den Spritzen der Impfärzte, anders als in Deutschland oder Frankreich, wo Abertausende von Dosen anfangs ungenutzt blieben. Im 7-Tage-Schnitt verabreichen die Dänen jeden Tag 0,15 Prozent der Bürger eine Injektion. Deutschland landet bei 0,06.

Seit dem vergangenen Wochenende sind nun in den über 900 dänischen Seniorenheimen alle interessierten Bewohner – eine der zwei ersten Zielgruppen neben dem medizinischen und Pflegepersonal – mit der ersten Tranche behandelt worden. Nummer zwei folgt allerdings, anders als etwa in Deutschland, erst nach sechs Wochen. Um möglichst viele Menschen rasch zu versorgen, wird der vorgesehene Drei-Wochen-Abstand verdoppelt. Sowohl der Hersteller Biontech als auch die Europäische Arzneimittelbehörde EMA sehen diese Praxis skeptisch. Große Kritik schlug der dänischen Regierung im eigenen Land dennoch nicht entgegen.

Das ist ein zweiter Unterschied zu vielen anderen Staaten. Das Vertrauen in die politische Führung ist groß, der Widerstand gegen Corona-Maßnahmen vergleichsweise gering. Als am Wochenende 250 Leute in Kopenhagen auf die Straße gingen und dabei Feuerwerkskörper flogen, war das eine ungewöhnlich schwere Eruption. Auch ein paar Dutzend Demonstranten in Aalborg schafften es in die Nachrichten.

Doch meist sind die Schlagzeilen positiv. So auch die Prognose, dass am 27. Juni alle Dänen zweimal geimpft sein sollen. Bei der Königin geht es natürlich schneller. Margrethe II. bekam ihre erste Spritze am Neujahrstag. Unter den Monarchinnen und Monarchen Europas war sie damit – wen wundert’s – die erste. MARC BEYER

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