München – Manchmal sind es Nadelstiche, manchmal Hammerschläge, aber Harmonie ist das nicht. Kaum ein Tag vergeht derzeit ohne Widerspruch zwischen CSU und Freien Wählern. Auch am Mittwoch wieder: Schulter an Schulter stehen Hubert Aiwanger und Markus Söder vor den Kameras: Der eine redet von Ladenöffnung, der andere erklärt, warum gerade das völlig undenkbar ist.
Man könnte das wohlwollend inhaltliche Breite nennen. Arbeitsteilung sozusagen: Söder kümmert sich um die Gesundheit, Aiwanger um die Wirtschaft. Ist es aber nicht. Allmählich fällt auf, wie intensiv die bayerischen Koalitionspartner aneinandergeraten. Immer wieder stellen sich Aiwanger und seine Partei öffentlich gegen Söder-Pläne: bei der Impfpflicht für Pfleger, zeitweise bei der 15-Kilometer-Regel für Touristen. Söder stellte dafür FW-Kultusminister Michael Piazolo ein Ultimatum, die Digitalisierungs-Pannen in den Griff zu bekommen. CSU-Kommunalpolitiker bescheinigten Piazolo ein „miserables Krisenmanagement“, er sei politisch bankrott. Die Freien Wähler versuchten wiederum, Finanzminister Albert Füracker die Pannen in die Schuhe zu schieben – schließlich seien die Server Sache seines Ministeriums.
Dass es nicht so rund läuft, zeigt auch der „Bayerntrend“ des BR-Magazins Kontrovers. Der von Infratest erhobene Wert für die Corona-Politik der Staatsregierung sinkt stetig. 60 Prozent sind aktuell zufrieden; im April waren es 89. Unter CSU-Wählern gibt es viel Zustimmung, 83 Prozent – Aiwangers Unterstützer sind dagegen völlig gespalten. Jeder Zweite hadert mit der Politik der Staatsregierung. Auch Söders astronomisch hohe Zustimmungswerte nähern sich langsam normalen Gefilden an: 72 Prozent sind mit ihm zufrieden – 15 Prozentpunkte weniger als noch im Juli, aber immer noch mehr als vor der Coronakrise vor einem Jahr.
Vor allem hinterlässt der Ärger über den Distanzunterricht Spuren. 74 Prozent der Bayern äußern sich negativ über das Krisenmanagement des Kultusministeriums, quer durch alle Parteien und auch bei den Freien Wählern selbst. Schaut man auf das Gesamtbild der Staatsregierung, schneidet die CSU deutlich besser ab: 66 Prozent sind mit der Arbeit dieses Teils der Regierung einverstanden, nur 45 Prozent mit den Freien Wählern. Noch ein kurioses Detail aus den Daten: 70 Prozent der Grünen-Wähler stimmen der Staatsregierung zu, aber nur 61 Prozent der Freien Wähler. Das als Signal für einen schwarz-grünen Flirt zu deuten, wäre übertrieben. Aber es fällt auf, wie Corona die fundamentalen Differenzen zwischen CSU und Grünen überdeckt. Söder setzt mit Blick auf die Bundestagswahl derzeit klar auf die schwarz-grüne Karte – und dürfte sich bestätigt fühlen.
Für die Opposition insgesamt ist das Zwischenzeugnis nach dem Corona-Jahr durchwachsen. Die Grünen halten ihre Rolle als stärkste Oppositionskraft, was den Machtverhältnissen im Landtag entspricht. Mit den Co-Fraktionschefs Katharina Schulze und Ludwig Hartmann sind 32 beziehungsweise 24 Prozent der Bayern zufrieden. Der Rest der Opposition ist dahinter allerdings kaum sichtbar.
In der Sonntagsfrage baut die CSU mit 48 Prozent ihre Vormachtstellung aus (+3), die Grünen folgen mit 19 Prozent (-2). Ansonsten hat sich die politische Landschaft seit dem letzten Bayerntrend kaum verändert: Freie Wähler liegen bei acht Prozent (+1), die SPD kommt auf 7 (-1), ebenso wie die AfD (-1). Die im Bund regierenden Sozialdemokraten liegen also weiter auf Augenhöhe mit der AfD, die auch in den letzten Monaten vor allem durch interne Zerwürfnisse auffiel.
Die FDP, obwohl im Landtag mit ihrem Fraktionschef Martin Hagen durchaus wortmächtig, dümpelt in der Sonntagsfrage auf drei Prozent. Die Freien Wähler greifen zu viele wirtschaftsnahe Wähler ab. Zu Hagen selbst sagen zehn Prozent, er mache gute Arbeit. 75 Prozent wissen nicht, wer er ist.