Der Ton wird rauher

von Redaktion

Im Endspurt um den CDU-Vorsitz schickt Armin Laschet einen ruppigen Gruß an die Konkurrenz

München – Mit der Wahl eines neuen Parteivorsitzenden ist es ein bisschen so wie mit dem Start in eine Bundesliga-Saison. Für Zweifel ist da kein Platz. Selbst notorische Abstiegskandidaten glühen vor Optimismus und wähnen sich gut gerüstet. In der Politik, die sich ebenfalls am Ende in Sieger und Besiegte teilt, klingt das ganz ähnlich. Armin Laschet, einer der drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz, verriet jetzt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, wie er die Lage einschätzt: „Die Zustimmung wächst spürbar.“ Er sei sich sicher, dass die Delegierten „wissen, mit wem die Union die Bundestagswahl am besten gewinnen kann“.

Der NRW-Ministerpräsident meint bestimmt nicht Friedrich Merz und Norbert Röttgen, seine parteiinternen Kontrahenten. Die CDU legt zwar ausdrücklich Wert auf Geschlossenheit, aber ganz ohne spitze Ellenbogen geht es vor der morgigen Abstimmung auch nicht. Vor allem Röttgen bekommt auf den letzten Metern ein paar kräftige Rempler ab. Dessen Kritik an der FDP („unsichere Kantonisten“) kontert Laschet, der an Rhein und Ruhr eine schwarz-gelbe Koalition anführt, harsch. Die FDP zu beschimpfen, halte er für gefährlich: „Das treibt alle in die Ampel hinein.“ An Röttgen, der 2012 in Nordrhein-Westfalen ein historisch schlechtes Ergebnis zu verantworten hatte, ist auch der ruppige Hinweis gerichtet, ein Teil der 1001 Delegierten werde sich sicher noch daran erinnern, „wie es uns gelungen ist, nach diesem Desaster im Team die NRW-CDU wieder aufzurichten und zur heutigen Geschlossenheit zu führen“.

Der Ton wird im Endspurt rauher. Auch Merz nutzt die letzten Tage vor der Abstimmung noch für einen satten Akzent. Via Twitter trat er gestern eine Debatte los, in deren Zentrum das Schlagwort „Neidsteuer“ stand. Gemeint ist eine stärkere Belastung hoher Vermögen, wie sie Olaf Scholz im Herbst angesichts neuer Milliardenhilfen für die Zeit nach der Pandemie ins Spiel brachte. „Einerseits hat der Finanzminister genug Geld für alle Projekte, andererseits will er eine neue #Neidsteuer auf höhere Einkommen. Das passt nicht zusammen“, rügte Merz. Die Botschaft richtete sich nicht nur an den Bundesminister Scholz, sondern auch an den SPD-Kanzlerkandidaten.

Der Hashtag führte die deutschen Twitter-Trends gestern stundenlang an, was Merz als Bestätigung empfunden haben dürfte. Auch der dritte Kandidat wähnt sich auf einem guten Weg. Röttgen sagte der „Rheinischen Post“, er könne „von einigen Wochen, sogar Monaten sprechen, in denen ich eine Dynamik wahrnehme, die mir Rückenwind gibt“. Der Rheinländer, der allgemein als dritte Kraft gehandelt wird, hält das Rennen für völlig offen: „Ich bin zuversichtlich, eine Nasenspitze vorne würde genügen.“

Julia Klöckner, Agrarministerin und Mitglied des Parteivorstands, hat derweil den „natürlichen“ Anspruch eines CDU-Vorsitzenden, „auch Kanzlerkandidat sein zu wollen“, für die kommende Wahl eingeschränkt. Es könne „gute Gründe für eine andere Entscheidung geben“. Zum Beispiel, dass die Siegchancen mit einem CSU-Kandidaten womöglich größer wären. Bayerns Ministerpräsident, der in Umfragen seit Monaten vor dem Trio liegt, wird heute ein Grußwort an die Schwesterpartei richten. Für scharfe Töne wird da aber kein Platz sein. MARC BEYER

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