Vieles spricht für einen Freispruch Trumps

von Redaktion

Amtsenthebung im Senat erst nach dem Arbeitsbeginn von Joe Biden – Präsident mit Videobotschaft gegen Gewalt

Washington – Donald Trump ist der erste Präsident in der Geschichte der USA, der gleich zweimal vom Repräsentantenhaus angeklagt worden ist und nach dem Mehrheitswillen der Abgeordneten aus seinem Amt entfernt werden soll. Auch zehn Republikaner der größeren Kongress-Kammer stimmten für ein „Impeachment“. Wie geht es nun weiter? Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Wie hat Donald Trump auf die Anklage reagiert?

Kurz nach der Abstimmung veröffentlichte der Präsident auf Youtube durch den nicht gesperrten Account des Weißen Hauses eine fünfminütige Videobotschaft. In dieser erwähnte er das Amtsenthebungsverfahren mit keinem Wort. Stattdessen verurteilte er „eindeutig“ (Trump) die Gewalt, die man in der vergangenen Woche gesehen habe. Die wohl interessanteste Aussage ist diese: „Kein echter Anhänger von mir könnte jemals politische Gewalt befürworten.“ Angesichts von Berichten über geplante Protestaktionen in den kommenden Tagen bis zur Amtseinführung Joe Bidens am 20. Januar rief Trump dann noch zum Gewaltverzicht auf. Beobachter werten diesen Vorstoß auch als Versuch, die republikanischen Senatoren positiv zu beeinflussen.

Wann findet der „Prozess“ im Senat statt?

Geht es nach den Demokraten, so sollte der noch amtierende Senatschef – der Republikaner Mitch McConnell – eigentlich noch vor dem 20. Januar mit der Prozedur beginnen. Denn am 19. Januar wäre der nächste reguläre Sitzungstag des Senats. Doch da McConnell nicht mitziehen will, wird die Akte Trump dort erst nach der Amtseinführung Bidens verhandelt werden. Das ist durch die Verfassung gedeckt. Wichtig ist dabei, dass Trump – falls er für schuldig befunden würde – auch als Privatmann drastische Konsequenzen erfahren könnte. So könnte ihm der Senat mit einfacher Mehrheit beispielsweise die Präsidentenpension und das Recht entziehen, jemals wieder für ein politisches Amt zu kandidieren. Deshalb steht immer noch die Möglichkeit im Raum, dass sich Trump bis 20. Januar selbst begnadigt – was verfassungsrechtlich höchst umstritten wäre.

Wer wird Trump in diesem Verfahren verteidigen?

Die meisten der Leibanwälte von Trump haben ihr Mandat niedergelegt. Und auch die Rechtsabteilung im Weißen Haus wird Trump nicht mehr vertreten. Die wahrscheinlichste Option wäre der frühere New Yorker Bürgermeister und Jurist Rudy Giuliani, der wie der Präsident die Wahl immer wieder als „gestohlen“ bezeichnet hatte. Auch fällt der Name des Verfassungsjuristen Alan Dershowitz. Sie dürften ihre Verteidigung vor dem Senat auf das Argument stützen, Trump habe in seinen Reden niemals zu Gewalt aufgefordert.

Wie stehen die Chancen einer Verurteilung?

Realistisch gesehen nicht gut. 17 Senatoren der Republikaner müssten sich auf die Seite der Demokraten stellen, um eine Zweidrittelmehrheit für ein „Schuldig“ wegen der Trump vorgeworfenen „Anstiftung zum Aufruhr“ zu erreichen. Zwar hat der republikanische Fraktionschef Mitch McConnell verkündet, er wolle sich erst alle Beweise ansehen, bevor er über sein Stimmverhalten entscheide. Doch selbst wenn McConnell für ein „Schuldig“ votieren würde, ist unklar, ob ihm weitere 16 Konservative folgen würden. Denn Trump ist an der Basis immer noch extrem beliebt – und ein negatives Votum könnte Senatoren bei den nächsten Kongresswahlen schaden. Bisher haben erst vier Republikaner-Senatoren durchblicken lassen, dass sie mit den Demokraten stimmen könnten. Die Wahrscheinlichkeit für Trump, wie schon im ersten „Impeachment“ freigesprochen zu werden, ist also hoch. FRIEDEMANN DIEDERICHS

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