Johnson, der unwillkommene Gast

von Redaktion

Britischer Premier reist nach Schottland – und stößt auf viel Kritik

Edinburgh/London – Es wirkt wie eine Geheimoperation in Feindesland. Gegen den Willen der Regionalregierung ist der britische Premierminister Boris Johnson nach Schottland aufgebrochen. Er wolle für die „großen Vorteile“ der Zusammenarbeit in der Pandemie werben, hieß es aus seinem Büro. Außerdem ist der kurzfristig angekündigte Besuch auch als Appell an die Einheit des Landes geplant.

Ein Treffen mit der schottischen Regierungschefin Nicola Sturgeon wurde aber nicht erwartet. Sie kritisierte, Johnson verstoße mit der Reise gegen die strengen Corona-Beschränkungen. „Wir müssen durch unser Beispiel führen.“ Der Besuch sei nicht notwendig. Dass er dennoch komme, zeige, dass er „in Panik“ sei, hieß es aus Sturgeons Schottischen Nationalpartei (SNP).

Die Ablehnung des Besuchs hat mehrere Gründe. Einerseits wird Johnson in Schottland schlechtes Corona-Management vorgeworfen. Viel entscheidender ist aber das Streben des Landesteils nach Unabhängigkeit. Wegen des ungeliebtes Brexits ist eine Mehrheit der Bevölkerung dafür. Johnson, als überzeugter Brexiteer selbst eine Reizfigur, blockiert aber ein Unabhängigkeitsreferendum.

Nun will der Premier mit dem Einsatz der Zentralregierung in der Krise punkten. Zudem gab er bekannt, dass das schottische Biotech-Unternehmen Valneva mit der Produktion eines Corona-Impfstoffes begonnen habe. 60 Millionen Dosen seien bestellt.

Doch der Graben ist groß. In London kritisierte Staatsminister Michael Gove gestern in mehreren Interviews den Umgang Edinburghs mit Johnsons Besuch. Andere Landesteile hießen „den Premier und andere Minister willkommen, die die Ärmel hochkrempeln“, sagte er dem Sender Sky News. Auch die größte Oppositionsfraktion, die Labour-Partei, stellte sich hinter den Premier. Dessen Besuch ist wohl nur ein weiterer Teil im schottischen Drama.

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