Reiselust im Corona-Frust

von Redaktion

Trotz Mahnungen und Einreise-Hürden fahren noch immer viele Oberbayern ins Ausland

München – Es war eine durchaus streng vorgetragene Mahnung. Ja, die Grenzen seien offen, sagte Ministerpräsident Markus Söder im Dezember 2020, erinnerte aber zwei Atemzüge später an Frühjahr und Sommer, als Reiserückkehrer das Coronavirus ins Land brachten. Offene Grenzen also. Aber Söder fügte an: „Es wäre besser, jeder überlegt sich, ob er eine Urlaubsreise wirklich braucht.“

Wochen später ist die Debatte ums Reisen einige Umdrehungen weiter. Zwischenzeitlich standen sogar Reiseverbote im Raum, die nun wohl nicht kommen. Die Hürden für Einreisen aus Risikogebieten – Virustest, Quarantänepflicht, digitale Einreiseanmeldung – bleiben hoch. Daten aus einigen oberbayerischen Landkreisen zeigen aber, dass der Reiseverkehr trotzdem nicht versiegt ist.

Die Kontaktermittler im Kreis Freising etwa zählten im Zeitraum vom 19. Dezember 2020 bis 28. Januar 2021 rund 3100 Reiserückkehrer. Der Großteil davon, hieß es aus dem Landratsamt, habe Urlaub in der alten Heimat gemacht. Wo genau, das ließ die Behörde allerdings offen.

Auch der Kreis Starnberg registriert nach wie vor zahlreiche Einreisen. Vom 17. November 2020 bis 26. Januar 2021 gab es genau 3708 digitale Einreiseanmeldungen (DEA), plus 53 Ersatzmitteilungen von der Bundespolizei. Eine DEA muss ausfüllen, wer in den letzten zehn Tagen vor Einreise in einem Risikogebiet oder einem Gebiet mit besonders hohem Risiko (also mit hohen Inzidenzen oder weit verbreiteten Mutationen) war. Ob Urlaub, Geschäftsreise oder Heimatbesuch dahinterstecken, wird dabei nicht klar.

Seit Einführung der DEA sind die registrierten Einreisen im Kreis Weilheim-Schongau massiv gestiegen. Im Dezember und Januar haben sich so 1054 Reiserückkehrer gemeldet – von April bis einschließlich November waren es insgesamt nur 576.

Der Kreis Fürstenfeldbruck kommt auf rund 4000 Reiserückkehrer, allerdings für den Zeitraum der gesamten Pandemie. Hier ist der Fortschritt ein Fluch: Das Landratsamt nutzt nämlich schon die neue Sormas-Software zur Kontaktnachverfolgung. Die spuckt aber offenbar keine wochenweisen Daten aus.

Auch in den Grenzlandkreisen ist die Reiselust ungebrochen. „Seit dem 2. Dezember haben wir rund 2000 Reise-rückkehrer im Landkreis registriert“, sagt Michael Voß, Kontaktermittler in Garmisch-Partenkirchen. Im Kreis Miesbach, waren es im selben Zeitraum rund 2200 Rückkehrer. Nach Bad Tölz-Wolfratshausen reisten in der Woche vom 21. bis 28. Januar genau 379 Menschen ein. Die Quarantänepflicht wird, wie auch andernorts, nicht kontrolliert. Das sei „nicht praktikabel“, heißt es aus dem Landratsamt.

Nach Ebersberg reisten im Januar rund 850 Personen ein. Die meisten kamen aus Polen (95), Österreich (91) und Tschechien (62), jeweils rund 40 aus Spanien, der Schweiz und Kroatien. Ob sie beruflich oder privat unterwegs waren, ist unklar.

Dass Reiserückkehrer das Virus im Frühjahr und Sommer ins Land trugen, ist gut belegt. Zeitweise waren sie für ein Drittel der Neuinfektionen verantwortlich. Derzeit spielen sie bundesweit aber nur eine „nachgeordnete Rolle“, wie das Robert-Koch-Institut (RKI) schreibt. Von den 482 000 Infektionsfällen der vergangenen vier Meldewochen – Infektionen über Weihnachten und Silvester also eingeschlossen – konnten laut RKI nur die Hälfte der Betroffenen Auskunft über das Infektionsland geben. Von ihnen wiederum steckte sich etwa ein Prozent (3043 Personen) im Ausland an. hob,ike,sk,ff,rs,cf,sg,bst,mmä

Artikel 1 von 11