Berlin/München – Nein, ein Versprechen will auch er nicht abgeben, sagt Stephan Weil (SPD). Niedersachsens Ministerpräsident ist zu Gast in der Polit-Talkshow „Anne Will“, wo es gerade um seinen Stufenplan geht. Der sei „eine Handreichung, kein Automatismus“, betont Weil. Niemand, auch kein Niedersachse, soll also darauf pochen können, bei einer bestimmten Corona-Inzidenz zwangsläufig Rechte zurückzuerhalten, weil das in seinem Konzept so steht. Aber: „Es soll möglichst vielen Menschen ein Gefühl dafür geben, wie kann es denn sein, wenn wir bestimmte Fortschritte erreichen.“
Und so könnte es sein, findet Weil: Wenn die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche unter 100 sinke, könnten zum Beispiel Wechselunterricht an den Schulen und uneingeschränkte Trauerfeiern wieder stattfinden. Sinke der Wert unter 50, könnten Hotels und Gastronomie den Betrieb wieder aufnehmen, auch der Einzelhandel dürfte mit Hygienekonzepten öffnen, und an den Schulen könnte Präsenzunterricht stattfinden. Bei einem Wert unter 25 dürften Theater und Kinos wieder öffnen. Sinke die Inzidenz unter zehn, wäre sogar eine Öffnung von Diskotheken mit Hygienekonzept denkbar. „Wir wollen auf dieser Grundlage entscheiden, landesweit“, sagt Weil. Gleichzeitig solle natürlich weiter die Dynamik der Infektionen im Auge behalten werden – wie gesagt, kein Versprechen. Weil will diesen Vorschlag auch bei den kommenden Bund-Länder-Gesprächen vorbringen.
Interessant dürfte werden, wie Markus Söder darauf reagiert. Bayerns Ministerpräsident findet zwar ebenfalls: „Es braucht gleiche, gerechte und verständliche Regeln für alle.“ Doch wie genau die mit Blick auf Lockerungen aussehen sollen, behält Söder sich vor. Bei der nächsten Bund-Länder-Konferenz, wahrscheinlich am 10. Februar, werde man sich die aktuellen Entwicklungen anschauen, sagt der CSU-Vorsitzende – fügt aber bereits hinzu: „Jeder, der erwartet, dass danach die großen Öffnungen in breiter Form stattfinden können – das ist aus meiner Sicht derzeit nicht verantwortbar.“
Wann Söder nicht lockern möchte, ist also klar. Doch ab welchem Punkt sieht er wieder Spielraum für mehr Freiheit? Mit Blick auf die bisher angepeilte Sieben-Tage-Inzidenz von 50, bei der nach Weils Plan Restaurants wieder öffnen könnten, sagt Söder vage: „Auch 50 ist eine gute Orientierung – aber noch nicht automatisch die Zahl, ab der man alles wieder so machen kann wie vorher.“ Öffnungen werde es geben, „wenn die Zeit dafür reif ist“. Und auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) deutete jüngst an, dass eine Sieben-Tage-Inzidenz von unter 50 angesichts neuer Virus-Mutationen nicht das Ende des Lockdowns bedeuten müsse.
Mehr Unterstützung für seinen Stufenplan kann der Niedersachse Weil wohl aus Schleswig-Holstein erwarten. Auch die schwarz-gelb-grüne Landesregierung hält es für richtig, mögliche Öffnungsschritte vorab zu planen und auch zu kommunizieren. „Wir wissen nicht, wie die Zukunft aussieht, es ist aber auch nicht immer nur hilfreich, die Welt noch dunkler zu malen“, sagte jüngst der dortige Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP). „Menschen brauchen Hoffnung und Menschen brauchen eine Perspektive.“ S. HORSCH