Was wird Donald Trump vorgeworfen?
In der Anklageschrift für das Impeachment spielt die „Anstiftung zum Aufruhr“ eine zentrale Rolle. Trump soll am 6. Januar in einer Rede in Washington seine Anhänger so aufgehetzt haben, dass diese anschließend zum Kapitol zogen und dieses erstürmten. Insgesamt fünf Menschen verloren bei der Aktion ihr Leben – darunter eine Demonstrantin, die von einem Polizisten im Gebäude erschossen wurde.
Kann ein nicht mehr amtierender Präsident überhaupt angeklagt und rückwirkend des Amts enthoben werden?
Über eine Antwort auf diesen paradox erscheinenden Umstand streiten sich in den USA führende Rechtsexperten. Während konservative Stimmen von einem „verfassungswidrigen Vorgang“ sprechen, argumentieren Demokraten: Es müsse möglich sein, einen Präsidenten zur Rechenschaft zu ziehen, der in seinen letzten Amtstagen rechtswidrig gehandelt hat – und ihm zumindest eine erneute Kandidatur zu verwehren. Bisher wurde kein US-Präsident angeklagt, der sich nicht mehr im Amt befand. Die Demokraten betreten hier also Neuland.
Wie will sich Trump verteidigen?
Absehbar ist, dass die Rechtsanwälte des Ex-Präsidenten in dem mindestens eine Woche dauernden Verfahren mit drei verschiedenen Argumenten arbeiten werden. Das erste lautet: Die Verfassung sieht kein „Impeachment“ eines pensionierten Staatsoberhauptes vor. Das zweite: Trump forderte zwar seine Anhänger auf, mit aller Kraft gegen den vermeintlichen Wahlbetrug zu kämpfen. Doch explizit enthielt die Trump-Rede keinen Aufruf zu Gewaltanwendung gegen Volksvertreter. Zudem war nach einem Bericht des FBI der Sturm zuvor wochenlang von rechtsextremen Kräften geplant worden – und Trump deshalb nicht der Urheber der Aktion. Seine Ansprache sei zudem durch das Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt. Das dritte Argument: Führende Demokraten hätten im vergangenen Sommer bei den mit Plünderungen und Brandstiftungen verbundenen Rassen-Unruhen die Demonstranten aufgefordert, nicht nachzulassen und dabei auch Schäden in Kauf zu nehmen. Die Trump-Advokaten planen deshalb, Rede-Videos von Demokraten abzuspielen, die diesen Punkt unterstreichen und der Anklage Heuchelei vorwerfen sollen.
Wie stehen die Chancen auf eine Verurteilung?
Sie sind gleich null. Die Demokraten benötigen 17 republikanische Senatoren für ein „schuldig“ und eine Zweidrittelmehrheit im 100-köpfigen Senat. Wortmeldungen aus dem Lager der Trump-Partei zeigen aber, dass es nicht dazu kommen wird. Als am 26. Januar über einen (gescheiterten) Antrag zur Verfahrenseinstellung im Senat abgestimmt wurde, stellten sich nur fünf Republikaner auf die Seite der Demokraten – was einen klaren Rückschluss über den Ausgang des „Impeachments“ zulässt.
Am Ende wird Trump also – wie bereits nach seinem ersten Verfahren in der Ukraine-Affäre – jubeln und von einem politischen Schauprozess sprechen können. Eine erneute Kandidatur in 2024 stünde dem Angeklagten dann weiter offen. Denn ein Verbot für künftige Bewerbungen kann der Senat nur mit einfacher Mehrheit in einer zweiten Abstimmung durchsetzen, wenn Trump zuvor mit der nötigen Zweidrittelmehrheit für schuldig befunden wurde.
Wird Trump bei dem Verfahren erscheinen?
Nein. Wie schon beim ersten „Impeachment“ wird Trump fernbleiben. Die beiden wichtigsten Gründe: Rechtsexperten der Republikaner sind der Ansicht, dass ein Angeklagter auch bei einem Amtsenthebungsverfahren nicht auftreten muss und ein Aussage-Verweigerungsrecht hat. Und: Juristische Berater Trumps glauben, dass sich der frühere Präsident bei einem Auftritt aufgrund seiner Redseligkeit nur schaden könne.