Klagen gegen Doppelbesteuerung von Renten

von Redaktion

Wer bewahrt alle Steuerbescheide seines Lebens auf? FDP spricht von Schikane und fordert Beweislastumkehr

Berlin – Experten halten die seit 2005 schrittweise eingeführte Rentenbesteuerung für verfassungswidrig. Denn die gleichzeitig eingeführte Steuerentlastung auf die Rentenbeiträge fällt für viele geringer aus als die Belastung durch die Rentensteuer – was in der Konsequenz bedeutet, dass es hier um eine verfassungswidrige Doppelbesteuerung geht. Mehr als eine halbe Million Menschen haben schon gegen diese Doppelbesteuerung geklagt.

Doch der Staat macht es den Klägern schwer – nach Meinung der FDP: eine bewusste Schikane. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Markus Herbrand ärgert sich darüber, dass Finanzämter Rentner dazu aufforderten, sämtliche Steuerbescheide aus ihrem Leben vorzulegen. Er brachte im Bundestag deshalb einen Antrag ein, die Beweislast umzukehren: Dann müssten Finanzämter, nicht der einzelne Rentner künftig beweisen, dass es zu keiner Doppelbesteuerung der Rente komme. Der Bundestag behandelt den Antrag nächste Woche. FDP-Chef Christian Lindner will die Doppelbesteuerung zum Wahlkampfthema machen.

Der Mannheimer Steuerberater Heinrich Braun spricht sogar von „arglistiger Täuschung“ der Kläger, die faktisch den Rechtsschutz aushebele. „Ein normaler Mensch hebt seine Steuerbescheide keine 40 Jahre auf“, so Braun gegenüber der „Frankfurter Rundschau“. „Das Finanzamt macht das übrigens auch nicht. Höchstens für 15 bis 20 Jahre.“ Braun klagt deshalb gegen das Bundesfinanzministerium von Olaf Scholz.

Auch die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, hält die Forderung, die Steuerbescheide des ganzen Lebens vorzulegen, für eine „Zumutung“: „Es kann nicht sein, dass die Betroffenen nur über den Klageweg zu ihrem Recht kommen“, so Bentele weiter. Deshalb fordert der VdK, dass die Finanzverwaltung auf einfachen Antrag der Betroffenen hin prüft, ob eine Doppelbesteuerung vorliegt. Der VdK wartet ungeduldig auf das Urteil des Bundesfinanzhofes, das zwischen April und Juni dieses Jahres fallen soll. „Das Urteil wird hoffentlich dazu führen, dass die Politik die Besteuerung der Renten endlich einer grundlegenden Reform unterzieht. Rentnerinnen und Rentner brauchen dringend eine Entlastung.“

Der Saarbrücker Finanzmathematiker Klaus Schindler ist überzeugt, dass die bisherige Rentenbesteuerung gekippt werden muss: „Nach unserer Berechnung fällt die Doppelbesteuerung mindestens für Rentner und Rentnerinnen an, die ab dem Jahr 2005 in den Ruhestand gehen“, so Schindler gegenüber der „FR“. „Zu diesem Zeitpunkt ist sie noch relativ gering, steigt aber schnell immer weiter an und erreicht in den Renteneintrittsjahren 2022–2023 ihren Höchstsatz von 20 bis 23 Prozent und zwar ungerechterweise um so höher, je größer die Zahl der Beitragsjahre ist.“

Erst ab 2070 werden laut Schindlers Berechnungen die ersten Senioren nicht mehr doppelt besteuert. „Für mich als Finanzmathematiker ist diese Konstruktion abenteuerlich.“ KLAUS RIMPEL

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