München – Europa befindet sich seit Monaten im Lockdown. Seit Wochen werden aber in vielen Staaten die Regeln gelockert, teils trotz höherer Infektionsraten als in Deutschland. Manche Länder korrigieren den Öffnungskurs bereits wieder.
Obwohl die Fallzahlen stiegen, kündigte Österreichs Kanzler Sebastian Kurz Anfang Februar Lockerungen an und legt fast wöchentlich nach. Die meisten Geschäfte sind schon offen. Für körpernahe Dienstleistungen wie Friseurbesuche wird ein Corona-Test benötigt. Schüler sind seit 8. Februar im Prä-senzunterricht, sie werden zweimal wöchentlich getestet. Vorerst bis 9. März gilt eine recht lockere nächtliche Ausgangssperre und eine Kontaktbeschränkung auf den eigenen Hausstand plus eine Person. Die Außengastronomie soll ab Ostern öffnen können. Für Kultur, Freizeit und Tourismus soll es bald von der lokalen Corona-Lage abhängige Perspektiven geben. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg seit 8. Februar von 106 auf jetzt 160 Fälle je 100 000 Einwohner.
Tschechien kämpft mit deutlich höheren Zahlen. Bis auf Läden für den täglichen Bedarf ist dort einschließlich Schulen so ziemlich alles geschlossen. Nur mit triftigem Grund darf der Landkreis verlassen werden. Bewegung an der frischen Luft ist auf die eigene Kommune beschränkt. Im Gespräch sind Betriebsschließungen zu Ostern.
Frankreich befinde sich in der „kritischen Phase eines Wettlaufs“, sagt der Direktor der nationalen Gesundheitsbehörde, Jérôme Salomon. Die Städte Nizza und Dünkirchen sind bereits wieder im Teil-Lockdown. Dort ist die nächtliche Ausgangssperre, die in ganz Frankreich schon ab 18 Uhr gilt, auf das ganze Wochenende ausgeweitet. Schulen und Einzelhandel sind aber landesweit offen. Frankreich setzt vor allem auf Tests, zwei Millionen pro Woche. Das Land konnte nach heftiger zweiter Welle die Zahlen senken. Aber seit Januar stagniert man bei 20 000 Fällen täglich, Tendenz steigend.
Italien setzt auf regionale Beschränkungen mit Ampelsystem. Zwei von 20 Regionen sind rote Zonen mit Ausgangssperre, weitgehend geschlossenem Einzelhandel und Distanzunterricht. In den derzeit zehn orangen Zonen dürfen Restaurants Mitnahmeangebote machen und Hotels Geschäftsreisende empfangen. Südtirol lässt die Hotels ganz zu. Steht die Ampel auf Gelb, dürfen Restaurants tagsüber und Museen wochentags öffnen. Weiße Zone weitgehend ohne Beschränkungen ist nur Sardinien. Anfang Februar gab es noch keine weiße Zone, allerdings auch keine rote und nur fünf der Stufe Orange.
In Spanien ist Infektionsschutz Sache der Regionen. Mit weitreichenden Maßnahmen wurde die zweite Welle gebrochen. In Katalonien mit der Metropole Barcelona sind Geschäfte jenseits des täglichen Bedarfs wieder geöffnet, jedoch nicht an Wochenenden. In der Region Valencia gilt: Ist die Inzidenz in einer Stadt hoch, haben nur essenzielle Geschäfte offen, die Gastronomie nicht.
Nachrichten aus Großbritannien klingen derzeit, als sei man fast schon zurück im Alltag: 20 Prozent der Bevölkerung geimpft, ein klarer Öffnungs-Fahrplan und das Angebot, weitere Spiele der Fußball-EM auszurichten. Noch aber befindet sich das Land im Lockdown mit strikten Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen. Jetzt öffnen zunächst die Schulen, ab 12. April der Einzelhandel, Museen und Außenbereiche von Gaststätten. Innengastronomie, Kinos und Hotels folgen frühestens am 17. Mai.
Norwegen dagegen erlebt gerade mit einem Lockdown in der Hauptstadt Oslo erstmals überhaupt Schließungen im Einzelhandel. sr