München – Komplimente gibt es auch diesmal. Gleich im ersten Satz lobt der Entwurf für den heutigen Bund-Länder-Gipfel „die breite Solidarität“ im Lande. Er schiebt allerdings gleich eine entscheidende Einschränkung hinterher: „Im leider notwendigen Lockdown“. Am Ernst der Lage aber lässt das Papier keinen Zweifel. Es entstand in einer Runde aus Kanzleramt, Bundesfinanzministerium und den Ländern Berlin und Bayern – trägt allerdings vor allem die Handschrift von Angela Merkel.
Weil die Ungeduld in der Bevölkerung, aber auch in den Landesregierungen zuletzt stark gewachsen ist. bemüht man sich, auf regional unterschiedliche Lagen Rücksicht zu nehmen und dort Erleichterungen zu gewähren, wo das Risiko gering ist. Das Papier stammt vom Montagabend. Auch wenn es noch etliche Änderungen geben wird, ist eine Tendenz erkennbar. Fest steht, dass die bisherigen Lockdown-Beschlüsse prinzipiell bis zum 28. März verlängert werden. Durch die zunehmende Menge an Impfstoff und die Verfügbarkeit von Schnell- und Selbsttests werden Erleichterungen möglich. Einige treten bereits nächste Woche in Kraft.
Ab Montag wird die Möglichkeit zu privaten Treffen erweitert. Es können dann wieder Begegnungen zwischen zwei Haushalten mit maximal fünf Personen stattfinden. In Regionen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz unter 35 bzw. 50 (die genaue Zahl ist offen) steigt die Obergrenze auf zwei weitere Haushalte und zehn Personen plus Kinder. Über Ostern sollen Familientreffen – wie zu Weihnachten – auch in größerem Kreis erlaubt sein.
Nach den Öffnungen von Friseursalons und regionalen Lockerungen etwa bei Gartencentern soll es in einem zweiten Schritt auch eine einheitliche Regelung für den Einzelhandel geben. Buchhandlungen gelten nun bundesweit als Einzelhandel des täglichen Bedarfs. Sie alle sollen ab Montag wieder aufsperren dürfen.
Einen dritten Schritt macht das Papier von der Entwicklung des Infektionsgeschehens abhängig. Bei einer stabilen Inzidenz unter 35 kann das jeweilige Bundesland entweder landesweit oder regional den Einzelhandel wieder öffnen. Pro 20 Quadratmeter Verkaufsfläche ist dann ein Kunde erlaubt. Auch die Öffnung von Museen, Galerien, Zoos und botanischen Gärten soll dann möglich sein, ebenso Freiluft-Sport in Gruppen bis maximal zehn Personen.
Sollte im Anschluss das Infektionsgeschehen 14 Tage stabil bleiben, wäre Stufe vier erreicht. Dann könnten die Länder Öffnungen in der Außengastronomie beschließen sowie im Kulturbereich (Theater, Konzerthäuser, Kinos) und im Sport in geschlossenen Räumen. Zu Innengastronomie und Hotels werden überhaupt keine Perspektiven aufgezeigt – darüber soll erst beim nächsten Treffen entschieden werden.
Eine – interessante – Nebenrolle spielen tagesaktuelle Selbsttests, mit denen frühere Öffnungen in der Kultur oder auch von Sportaktivitäten möglich werden könnten. Merkel hat vor allem die Monate April, Mai und Juni im Blick – danach hofft sie, dass die Impfungen greifen.
Aus den Ländern wird bereits erhöhter Gesprächsbedarf angemeldet. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) befürwortet schrittweise Lockerungen auch oberhalb eines Inzidenzwerts von 50. Markus Söder will deutlich vorsichtiger bleiben. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet möchte einen größeren Schwerpunkt auf die Tests legen. Die Beratungen beginnen um 14 Uhr – es könnte spät werden.
Ausdrücklich erwähnt das Papier übrigens eine „Notbremse“. Steigt die Inzidenz an drei aufeinander folgenden Tagen über einen noch festzulegenden Wert, treten wieder die alten Regeln in Kraft. Dann wird die breite Solidarität noch ein bisschen länger notwendig sein.