Die CSU ist eine Partei, in der Klarheit und Sumpf in vielen Extremen aufeinanderklatschen. Nirgendwo gilt ein so vorbildlich strenges Nebentätigkeitsverbot wie für bayerische Minister, Obergrenzen gegen aufgeblähte Kabinette und gegen Exzesse politischen Beamtentums. Aber in keiner anderen Partei jenseits der AfD treten so gehäuft Affären auf, justiziable oder moralisch anrüchige Selbstbedienung. Seit Stoiber steht die oberste Parteiführung persönlich klar für Sauberkeit und Transparenz, setzte das aber nie bei allen Mandatsträgern durch. Die Leine war zu lang, wie schon bei den Landtagsaffären.
Das rächt sich jetzt wieder im Fall Nüßlein. Die Wähler hassen Politiker, die sich die Taschen füllen. Der plumpe Generalverdacht, da oben seien doch alle so, ist schnell zur Hand. Falls jetzt weitere Fälle publik werden, kann das die gesamte Union im Superwahljahr 2021 in den Abwärtsstrudel ziehen – in einem Ausmaß, das im Herbst mindestens die Koalitionsbildung verändert. Oder mehr.
Jetzt hilft nur noch eine Radikaloffensive für politische Hygiene. Die Klügeren in der Union haben verstanden: Sie müssen das anschieben. Weg mit der Transparenz-Grenze für Parteispenden, mit dem 9999-Euro-Gemauschel; her mit Lobby-Regeln und mit strikten Vorgaben für Verantwortungsträger; auch für die mit Anwaltskanzlei übrigens. Wer engere Regeln setzt und gläserne Politiker verlangt, kriegt nicht mehr die Allerbesten, die praxisnahen Spitzenleute, in die Parlamente. Mag sein. Doch Landtag und Bundestag lassen erahnen: Das ist auch bisher nicht in beeindruckendem Ausmaß gelungen.
Christian.Deutschlaender@ovb.net