Impfungen mit Astrazeneca gehen weiter

von Redaktion

Nach EMA-Einschätzung: Spahn erteilt Ländern Freigabe – Warnhinweis wird ergänzt

München – Der Bundesgesundheitsminister entscheidet etwas später, aber entschlossen. Während Frankreich und Italien am frühen Abend bereits ankündigen ab Freitag wieder mit Astrazeneca impfen zu wollen, verschiebt Jens Spahn (CDU) seine Pressekonferenz bis in den Abend mehrmals. Erst während bereits die Tagesschau läuft, tritt Spahn vor die Kameras. Auch Deutschland will die Impfungen mit dem Mittel schon heute wieder aufnehmen, sagt er. „Die Entscheidung der EMA bestätigt die Sicherheit und die Qualität von Astrazeneca.“

Die Lage ist für ihn auch nach der grundsätzlich positiven Einschätzung der Europäischen Arzneitmittel-Agentur (EMA) zu Astrazeneca nicht ganz einfach. Wie zuvor schon andere Länder hatte Deutschland die Anwendung des Impfstoffs am Montag gestoppt, nachdem im zeitlichen Zusammenhang vereinzelt gefährliche Blutgerinnsel aufgetreten waren. Bis heute gab es in Deutschland laut Spahns Ministerium 13 solcher Fälle, meist bei jüngeren Frauen. Drei der Betroffenen sind verstorben.

Und absolute Erleichterung brachte auch die mit Spannung erwartete Einschätzung der EMA am Donnerstagnachmittag nicht. Astrazeneca sei „sicher und wirksam“, betonte die Behörde zwar erneut. Auf der anderen Seite könne man aber einen Zusammenhang zwischen Impfungen und dem Auftreten der Blutgerinnsel nicht sicher ausschließen – auch wenn es keine Hinweise darauf gebe. „Wenn man Millionen von Menschen impft ist es nicht unwahrscheinlich dass seltene und schwere Erkrankungen auftreten“, sagte EMA-Chefin Emer Cooke. Letztlich – so die Kernaussage – überwiege der Nutzen gegenüber dem Risiko einer Covid-Infektion. Die Behörde will deshalb besser über die Risiken aufklären. Ein Warnhinweis soll hinzugefügt werden, dass der Impfstoff in möglichen seltenen Fällen Thrombosen an Hirnvenen bei Frauen unter 55 Jahren verursachen könne. Die EMA werde zudem weitere Untersuchungen vornehmen.

Minister Spahn gibt sich gestern alle Mühe, einem möglichen weiteren Vertrauensschaden für das ohnehin von manchen verschmähte Vakzin entgegenzuwirken. „Es war richtig, die Impfungen mit Astrazeneca vorsorglich auszusetzen“, sagt er. Die Reaktion habe gezeigt, dass man sich auf die Kontrollmechanismen verlassen könne. Und: „Die Bürger können darauf vertrauen, transparent informiert zu werden.“

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hätte hingegen auch ohne offizielle Empfehlung dafür plädiert, den Impfstoff weiterhin zu verwenden. Man müsste dann prüfen, ob Impfungen „auf eigenes Risiko“ möglich wären, sagte er gestern nach einer Videokonferenz der Ministerpräsidenten und noch vor der EMA-Entscheidung. Auch sein bayerischer Gesundheitsminister lässt am Abend keinen Zweifel daran, wie er sich in diesem Fall entschieden hätte. „Wenn mein Arzt mir Astrazeneca anbieten würde, ich würde sofort den Ärmel hochkrempeln“, betont Klaus Holetschek (CSU). S. HORSCH, M. BEYER

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