Die CSU im Krisenmodus

von Redaktion

VON MIKE SCHIER UND MARC BEYER

München – Wenigstens einer in der CSU hat am Freitag gute Laune. Der Münchner Bernd Fabritius saß am Donnerstag vor dem Fernseher, als quasi zeitgleich die ersten beiden Nachrichten eingingen. Die eine kam von Tobias Zech, der mitteilte, er werde sich wegen seiner Geschäfte neben dem Mandat aus dem Parlament zurückziehen. Die zweite war ein erster Glückwunsch – weil Fabritius nun für Zech in den Bundestag nachrückt, in den er es bei der letzten Wahl nicht geschafft hatte. Den Rest des Abends, sagt Fabritius, „ist mein Telefon heiß gelaufen“.

Er habe „keine Sekunde“ damit gerechnet, so schnell nachzurücken, behauptet der 55-Jährige. Nun ja, ein bisschen drauf einstellen konnte er sich schon. Sein Blick ging aber eher Richtung Georg Nüßlein, der wegen der Maskenaffäre aus der Unionsfraktion ausgetreten ist, aber am Mandat festhält.

Es sind turbulente Tage in der CSU, die Partei hangelt sich von Krisengespräch zu Krisengespräch. Am Mittwoch hatte sich Zech erstmals bei der Parteispitze gemeldet, weil der „Spiegel“ wegen früherer Geschäfte in Mazedonien recherchiere. Die Kurzfassung: Zech hatte über seine GmbH den mazedonischen Ex-Premier Nikola Gruevski beraten und dafür eine fünfstellige Summe erhalten. Zudem war er als Politiker im Wahlkampf von Gruevskis nationalkonservativer Partei VMRO aufgetreten. Gruevski aber verlor die Wahl und wurde später auch noch wegen Korruption verurteilt. Zech beteuert, dass der Auftritt nach seiner Beratertätigkeit erfolgte. Nebentätigkeiten habe er „von der Ausübung meines Mandats jederzeit strikt getrennt“, erklärte Zech dem „Spiegel“.

Der CSU-Spitze und der Ethikkommission gab der Abgeordnete am Donnerstagvormittag umfassend Auskunft. Trotzdem bekam er noch einen Fragenkatalog. Später teilte er seinen Entschluss mit, aus dem Bundestag auszuscheiden. Offenbar wollte der 39-Jährige, der keinen eigenen Wahlkreis hat, im Herbst ohnehin nicht mehr antreten.

Der Schritt ist konsequent, zugleich wirkt er aber wie ein Schuldeingeständnis oder zeugt zumindest von Unrechtsbewusstsein. Genau das würde sich die CSU auch von ihrem anderen Sorgenfall dieser Tage wünschen: Alfred Sauter. In der Landtagsfraktion brennt es, seitdem öffentlich wurde, dass Sauter im Maskendeal womöglich wesentlich mehr Geld kassiert hat, als für eine anwaltliche Tätigkeit angemessen scheint. Fraktionschef Thomas Kreuzer lädt für kommende Woche gleich zu drei Sitzungen – am Donnerstag gibt es sogar eine für Corona-Zeiten mehr als ungewöhnliche Präsenzpflicht. Kreuzer baut ein klares Drohszenario auf: Für Sauters Rauswurf aus der Fraktion wäre eine Zwei-drittelmehrheit nötig.

Der Ton ist eindeutig. Am Freitag habe er den schwäbischen Parteifreund „in aller Deutlichkeit schriftlich aufgefordert, Ross und Reiter zu benennen“, schreibt Kreuzer in seinem Einladungsschreiben an die Fraktion. Alle Einzelheiten zu den Geschäften, alle beteiligten Firmen, alle Zahlungen. Die Frist endet am Sonntag um 12 Uhr. „Die im Raum stehenden Vorwürfe gegen Alfred Sauter sind sehr schwerwiegend“, erklärt Kreuzer, einst Richter am Landgericht Kempten. „Es geht um gravierende Straftaten.“ SPD-Fraktionschef Horst Arnold, ebenfalls früherer Staatsanwalt und Richter, sieht sogar „Züge organisierter Kriminalität“.

Sauter nennt die Vorwürfe „haltlos“. Er hat stets offen eingeräumt, als Anwalt einen Liefervertrag für das Maskengeschäft ausgehandelt zu haben, das schon dem Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein zum Verhängnis wurde. Doch inzwischen steht die Frage im Raum, ob er auch Provisionen kassierte. Von bis zu 1,2 Millionen Euro ist die Rede. Sauter sagt, er habe das Geld gespendet. Nach Informationen der „Augsburger Allgemeinen“ wurde die hohe Summe an die „Bürgerstiftung Landkreis Günzburg“ überwiesen, die 2006 gegründet wurde. Sauter sei laut Stiftungsurkunde einer der Gründer.

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