Wir leben in einer Gesellschaft, in der keine große Risikoabwägung mehr stattfindet. Jetzt, in der Gesundheitskrise, treten die tödlichen Gefahren zu Tage, die mit dieser Denkweise verbunden sind. Vom misslungenen Einkauf der richtigen Impfstoffe, der unterbliebenen Notzulassungen, um beim Impftempo zuzulegen, bis zur Aussetzung der Impfungen mit Astrazeneca durchzieht die mangelnde Bereitschaft, Verantwortung und Risiken zu übernehmen, das Geschehen.
Dabei ist Risiko ein Grundelement des Lebens und Motor jeden Fortschrittes. Für Risiken kann man Wahrscheinlichkeiten ausrechnen. Davon lebt unsere gesamte Versicherungswirtschaft. Weil nichts ohne Risiko ist, gilt es überall im Leben, Risiken und Chancen gegeneinander abzuwägen und Chancen wahrzunehmen, wenn sie größer sind als das damit verbundene Risiko. Wer schon einmal den Beipackzettel eines Arzneimittels gelesen hat, weiß, dass insbesondere jedes Medikament, das wir einnehmen, auch mit Risiken verbunden ist.
Risiko ist dabei nicht zu verwechseln mit der allgegenwärtigen radikalen Unsicherheit gegenüber zukünftigen Ereignissen. Sie entziehen sich jeder Berechnung bis hinunter zu der Frage, wie sich wohl der Kurs einer Aktie entwickeln mag, die man gerade gekauft hat.
Weil die meisten Menschen aber nicht unterscheiden zwischen Risiko und Unsicherheit, sind wir auf irrationale Art risikoscheu. Das zeigen viele Untersuchungen, auch rein ökonomischer Entscheidungen. Der Durchschnittsbürger streicht lieber einen sicheren Betrag von 100 ein, als sich auf ein Risikogeschäft einzulassen, bei dem mit gleicher Wahrscheinlichkeit entweder alles verloren geht oder 200 kassiert werden können.
Auffallend ist, dass wir uns gegenüber bekannten und schwerwiegenden Risiken unbekümmert bis gleichgültig verhalten, gegenüber geringen und seltenen Risiken hingegen leicht in Panik geraten. So nehmen wir die Verkehrstoten auf unseren Straßen, die Opfer des Zigarettenrauchens und des Alkoholmissbrauchs unbekümmert in Kauf. Vor dem sehr unwahrscheinlichen Fall hingegen, durch einen Flugzeugabsturz oder gar einen Blitzschlag getötet zu werden, hat jeder Angst.
Das Risiko, ein zugelassenes Arzneimittel anzunehmen, ist minimal im Verhältnis zu dem großen Nutzen, den es bietet. Das ist bei Astrazeneca nicht anders als bei der Pockenimpfung, der Antibaby-Pille oder bei Aspirin. Jeder Bürger hat zudem das Recht, so ein Mittel zu akzeptieren oder abzulehnen. Gerade deswegen ist ein Impfverbot in Wahrheit eine unerlaubte Bevormundung der Bürger, denen man nicht zutraut, selber zu beurteilen, womit sie sich impfen lassen wollen oder nicht.
Verantwortliche Politiker sollten nach gewissenhafter Prüfung bestmöglich handeln im Bewusstsein, dafür dann auch in die Verantwortung genommen zu werden. Dafür sind sie gewählt und nicht fürs Wegducken und sich Verstecken hinter den Aussagen irgendwelcher Gremien.
Heikle Entscheidungen zu treffen und dafür auch geradezustehen, dazu ist offenbar kein Politiker und auch kaum ein hoher Beamter mehr bereit in diesem Land. Immer hat größtmögliche Sicherheit Vorrang vor pragmatischem Handeln. Wie das geht, haben England und die USA vorgemacht. So sind sie auf gutem Weg in dieser Krise.
Willkommen in der Nullrisiko-Gesellschaft. Sie ist unfrei und brandgefährlich.
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