München/Berlin – In der Unionsfraktion herrscht nach den Corona-Beschlüssen von Bund und Ländern großer Ärger. Teilnehmer der gestrigen Fraktionssitzung berichteten von einer explosiven Stimmung. Besonders der strikte Lockdown über Ostern stieß demnach auf Kritik.
Der baden-württembergische CDU-Abgeordnete Axel Müller soll besonders deutlich geworden sein. Laut Informationen der „Bild“ warf Müller der Regierung Versagen vor. Die Zeitung zitiert ihn mit den Worten: „Ich entziehe der Bundesregierung das Vertrauen.“ Der Thüringer CDU-Abgeordnete Albert Weiler nannte die Beschlüsse in einem Brief an Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten eine „Kapitulationserklärung“. Die Menschen empfänden die stumpfe Lockdown-Verlängerung als „Politikversagen“.
Der Frust schwappte auch in die sozialen Netzwerke. Ein „Orkan gesellschaftlicher Kritik“ ziehe über die Parlamentarier hinweg, twitterte die Bremer CDU-Abgeordnete Elisabeth Motschmann. „Ich kann die Beschlüsse selbst nicht mehr schönreden. Nach 12 Monaten Pandemie sind diese ein Armutszeugnis.“ Ihr Kollege Kai Whittaker forderte die Unions-Ministerpräsidenten auf, in die nächste Fraktionssitzung zu kommen. „Ich kann den Menschen nicht mehr erklären, was da zum Teil für ein Wirrwarr veranstaltet wird.“
Zu Sitzungsbeginn hatten Fraktionschef Ralph Brinkhaus und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt die Beschlüsse noch verteidigt. Dobrindt fand intern aber auch kritische Worte. Vor allem was die Perspektive betrifft, gebe es Nachbesserungsbedarf, zitierten Teilnehmer ihn. „Wir müssen den Weg aufzeigen, wie man nach dem Lockdown auch wieder Lockerungen ermöglichen kann.“ Dobrindt warnte vor schwindender Akzeptanz der Maßnahmen. Die könne „auch zu steigenden Infektionszahlen führen“.
Für Ärger unter den Abgeordneten sorgte auch, dass die Kanzlerin sich nur kurz zur Fraktionssitzung hinzuschaltete und sie vor der Debatte über die Beschlüsse verließ. CDU-Chef Armin Laschet verteidigte die Einigung dagegen offensiv. Es gehe darum, das Land gut durch die Pandemie zu bekommen, sagte er in einer Videokonferenz mit dem Kreisverband Dresden. Niemanden interessiere, ob die Beschlüsse der Union nützten.
In der Fraktion kamen auch die Masken- und Berateraffären zur Sprache. Dobrindt warb für eine Verschärfung der Regeln und einen Verhaltenskodex. „Wir müssen klar das Signal geben: Transparenz ist ein Grundprinzip unserer Fraktion.“ M. MÄCKLER