München – Das Thema kam erst nach Mitternacht auf – als Ministerpräsidenten und Kanzlerin schon stundenlang diskutierten. Über Ostern soll das öffentliche Leben fünf Tage am Stück heruntergefahren werden. Gründonnerstag und Karsamstag werden dafür kurzerhand zu „Ruhetagen“ erklärt – so heißt es im Beschluss von Bund und Ländern. Was das genau bedeuten soll – vor allem für Unternehmen und Arbeitnehmer – ließ man aber offen.
Klarstellen konnten die Regierungschefs nur: Geschäfte sollen an beiden Tagen geschlossen bleiben, und nur der „Lebensmittelhandel im engen Sinne“ soll am Samstag öffnen. Für Markus Mingers, Anwalt für Arbeitsrecht, steht bereits fest: „Das, was von Bund und Ländern beschlossen wurde, ist meines Erachtens so nicht haltbar.“
Man habe die Regelung übers Knie gebrochen, sagt Mingers. „Über Folgeprobleme hat man vermutlich gar nicht nachgedacht.“ In erster Linie gehe es darum, wer die Kosten für die Ruhetage trägt. Auf keinen Fall dürfe man Arbeitnehmer dazu zwingen, sich Urlaub zu nehmen. Man müsste ihnen also zusätzliche, bezahlte Urlaubstage geben, erklärt Mingers. Das sei allerdings ein „Eingriff in die Eigentumsrechte“ der Unternehmen. „Der Staat greift damit vehement in das Portmonee der Arbeitgeber.“
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erklärte gestern, dass die beiden Ruhetage rechtlich wie Feiertage behandelt werden sollen. „Dann müssten alle, die ohnehin an Sonn- oder Feiertagen arbeiten, auch an diesen beiden Tagen arbeiten“, sagt Mingers. Problematisch sei dabei aber die Homeoffice-Frage. „Hintergrund ist ja, dass Kontakte reduziert werden. Und nach der Logik müssten auch all diejenigen, die ein Homeoffice-Angebot haben, arbeiten.“ Außerdem müssten zum Beispiel Krankenhauspersonal, Polizisten und Tankstellenangestellte einen Feiertagszuschlag bekommen, wenn das tariflich geregelt ist.
Söder verspricht bereits entsprechende Zuschläge. Trotzdem herrscht bei den Unternehmen noch weitgehend Ratlosigkeit. „Wir tappen im Dunkeln“, sagte zum Beispiel BMW-Sprecherin Angela Konert gestern. „Es gibt noch keine Infos darüber, was der Beschluss für das produzierende Gewerbe bedeuten soll.“ Man warte jetzt auf „konkrete, rechtliche Regelungen“. „Es gibt noch einiges, was geprüft werden muss“, so Konert. „Zum Beispiel kann es sein, dass wir eine Genehmigung vom Gewerbeaufsichtsamt für das Arbeiten im Homeoffice brauchen.“ Sie befürchtet allerdings einen Ansturm solcher Anfragen.
Das Institut der deutschen Wirtschaft wertet den Beschluss als „teuer und doch wirkungslos“. Allein der Gründonnerstag koste als Feiertag rund sieben Milliarden Euro. Auch aus dem Handel kommt Kritik: Die Branche befürchtet nur noch mehr Andrang an den verbleibenden Einkaufstagen vor Ostern. Den Lebensmittelhandel „symbolisch für einen Tag zuzumachen, hilft im Kampf gegen die Pandemie nicht weiter“, heißt es vom Handelsverband (HDE). Innerhalb weniger Tage müssen nun auch die Lieferungen neu getaktet werden.
Das Innenministerium arbeitet jetzt an einer Rechtsgrundlage für die beiden Ruhetage. „Über die Details der gefassten Beschlüsse wird die Öffentlichkeit rechtzeitig und umfassend informiert“, sagt eine Sprecherin. (mit dpa)