Laschets Vorprogramm

von Redaktion

VON MARC BEYER

München/Berlin – Armin Laschet redet schon knapp zehn Minuten, als er tief in den Werkzeugkasten der Symbolik greift und ein zunächst unscheinbares Hilfsmittel herauszieht. Diesmal ist es nicht die Bergmannsmarke des Vaters, mit der er auf dem Parteitag seine Zuverlässigkeit und Bodenständigkeit betonte, sondern sein Mund- und Nasenschutz. Eine schlichte FFP2-Maske. Vor einem Jahr, erinnert der CDU-Vorsitzende, habe man darum „betteln“ müssen, weil sie in Deutschland kaum noch hergestellt wurden. „Wir waren abhängig von einem Land wie China.“

Mit Laschet am Ruder, als Parteichef und Kanzler, soll so etwas nie wieder geschehen – das ist die Botschaft. Er wolle Deutschland und Europa wieder zur „Apotheke der Welt“ machen, so wie früher, bevor ein paar Cent Ersparnis Anlass gewesen seien, um Produktionen nach Asien zu verlagern. Vor allem aber will er das Land insgesamt auf Kurs bringen. Die 20er-Jahre müssten „ein Jahrzehnt der Modernisierung“ werden.

Vordergründig geht es an diesem Morgen im Konrad-Adenauer-Haus um Mitbestimmung. Neben Parteimitgliedern sollen auch Verbände, gesellschaftliche Gruppen und Bürger ohne Parteibuch sich am CDU-Wahlprogramm beteiligen können. Gestern fiel der Startschuss für diese Kampagne.

In erster Linie aber geht es bei dem Termin darum zu skizzieren, in welche Richtung Laschet die CDU steuern will. Während SPD und Grüne ihre Ideen bereits vorgestellt haben, sind die Christdemokraten bisher Vieles schuldig geblieben. Die Aussicht auf ein konkretes Wahlprogramm im Sommer reicht da nicht. Schon gar nicht für Laschet, der Kanzlerkandidat der Union werden will.

Der NRW-Ministerpräsident spricht deshalb viel von Veränderung, von Innovation und Aufbruch. Er regt ein Digitalministerium auf Bundesebene an und warnt vor „ideologischen linken Experimenten“, gegen die die Union ein Bollwerk sein müsse. Deutschland solle „Wasserstoffland Nummer eins in der Welt“ werden, die Stahlproduktion CO2-neutral gestalten und müsse die ausgetretenen Pfade verlassen: „Ein ,Weiter so’ darf es nicht geben.“

Aus seinem Mund ist das ein kurioser Satz, weil gerade Laschet oft als Verkörperung dieses Mottos betitelt wurde. In einer Zeit aber, wo das Pandemie-Management eklatant schwächelt von der Impfstoffbeschaffung bis zur Kommunikation zwischen Bund und Ländern, weiß er, dass jedes Wort von ihm als Signal verstanden wird. „Wir werden das ändern, wir werden das besser machen“, sagt er. „Dafür stehe ich persönlich ein.“

Die Entscheidung, wer die Union in die Wahl führt, wird nun bald fallen. Es geht um alles, das zeigt sich auch daran, dass gleich mehrere CDU-Abgeordnete sich kurz vor Laschets Auftritt offen für Markus Söder ausgesprochen haben und Angela Merkel Laschet namentlich für seine Corona-Politik kritisiert hat. Söder versäumt es gestern nicht, diesen Umstand herauszustellen. Er empfinde es als „sehr seltsam, wenn der CDU-Vorsitzende mit der CDU-Kanzlerin ein halbes Jahr vor der Wahl streitet“.

Am Ende des Termins ist es nicht ganz die volle Breite der Gesellschaft, mit der Armin Laschet über eine zukunftsfähige Politik spricht. Eine Schulgründerin und -leiterin ist ihm zugeschaltet, eine Start-Up-Unternehmerin, der Geschäftsführer der Drogeriemarktkette dm, die selbstständig Corona-Teststationen aufgebaut hat, und – eigentlich klassische SPD-Klientel –ein Gewerkschaftsboss. Lauter Macherinnen und Macher, so wie auch Laschet sich sieht. Und wie er vor allem gesehen werden will.

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