München/Düsseldorf – Armin Laschet (CDU) nähert sich in der Corona-Politik zumindest rhetorisch wieder der Kanzlerin an. „Ich wünsche mir, dass alles, was wir in den kommenden Wochen tun, möglichst bundeseinheitlich erfolgt. Das ist auch in Schulfragen möglich“, sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident am Freitag. Es könne einen verbindlichen Konsens der Kultusministerkonferenz geben. Das Kanzlerkandidaten-Duell zwischen dem CDU-Vorsitzenden und CSU-Chef Markus Söder spitzt sich hingegen zu.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte den nach ihrer Meinung zu lockeren Corona-Kurs der Ministerpräsidenten am Sonntag in der ARD kritisiert und auf Nachfrage auch Nordrhein-Westfalen genannt. Bayerns Ministerpräsident Söder und dessen baden-württembergischer Kollege Winfried Kretschmann (Grüne) stellten sich daraufhin an Merkels Seite und forderten die anderen 14 Länderchefs in einem Brief dazu auf, die Corona-Notbremse wirklich zu ziehen. Laschet, aber auch andere Unions-Ministerpräsidenten wie Daniel Günther aus Schleswig-Holstein, verbaten sich daraufhin solche Belehrungen mit Verweis auf niedrigere Corona-Zahlen in ihren Ländern.
Laschet setzt in Nordrhein-Westfalen bislang auf einen weniger strengen Kurs. Laut Regierungsbeschluss aus der vergangenen Woche greift die Notbremse nicht automatisch. Städte und Kreise mit einer Sieben-Tage-Inzidenz über 100 können beim Land beantragen, dass Geschäfte oder Museen Besucher mit negativem Corona-Schnelltest empfangen dürfen. Doch laut Umfragen ist bundesweit inzwischen fast die Hälfte der Deutschen für härtere Lockdown-Maßnahmen.
Zu Schulöffnungen hatte Laschet zuletzt noch den Willen zu eigenständigen Entscheidungen betont. Am Donnerstag dann verkündete er für NRW, wie von Merkel gefordert, eine Corona-Testpflicht für die Teilnahme am Präsenzunterricht. Nach dem Seitenhieb der Kanzlerin auf den CDU-Chef hatte in dieser Woche auch die Debatte um die Kanzlerkandidatur der Union weiter Fahrt aufgenommen. Die aber kommt Laschet derzeit ungelegen.
Die Union steht in Umfragen schlecht da, Laschets Beliebtheitswerte fielen weiter hinter die des bayerischen Ministerpräsidenten zurück. In dieser Lage fordern immer mehr CDU-Abgeordnete im Bundestag offen eine Kanzlerkandidatur des CSU-Chefs Söder. So etwa Marco Wanderwitz, der Ostbeauftragte der Bundesregierung aus Sachsen. Er sagte dem „Spiegel“, er wünsche sich, dass Söder als Kandidat zur Verfügung stehe. Ein Dutzend Unterstützer soll Söder auch in der Landesgruppe Baden-Württemberg haben.
Und Norbert Röttgen, Laschets einstiger Konkurrent um den Parteivorsitz, hält wie viele andere an der Formel fest, es solle der machen, der die größten Erfolgsaussichten hat. Den Umfragen zufolge wäre das Söder.
Doch nun bringen mehrere CDU-Abgeordnete auch Ralph Brinkhaus, den Vorsitzenden der CDU-/CSU-Fraktion im Bundestag, ins Gespräch. Dem „Spiegel“ sagte die nordrhein-westfälische CDU-Abgeordnete Sylvia Pantel: „Ich finde, dass wir auch über Ralph Brinkhaus oder doch noch mal über Friedrich Merz als mögliche Kanzlerkandidaten sprechen sollten.“ Auch über eine Mitgliederbefragung sollte man nachdenken.
Laut „Spiegel“ wollen weitere Abgeordnete aus Nordrhein-Westfalen sich hinter Brinkhaus stellen. Auch Stefan Sauer aus Hessen sagte, er rate Söder und Laschet, bei ihrer Entscheidung zur Kanzlerkandidatur Brinkhaus in den Blick zu nehmen. Brinkhaus hält sich bedeckt, hatte aber im Januar eine Mitsprache eingefordert. Mit ihren Wortmeldungen hat auch seine Fraktion nun angedeutet, dass sie nicht automatisch gewillt ist, Söder oder Laschet die Kandidatenfrage zu überlassen. STEFAN REICH