München – Das erste Schreiben trifft am Ostersonntag ein. Nur bis zum 19. April soll es in den Impfzentren noch Termine für Erstimpfungen mit Astrazeneca geben, teilt die bayerische Taskforce Impfstrategie den Landkreisen mit. Wer sich danach zur Impfung anmeldet, soll Biontech oder Moderna erhalten – egal, wie alt er ist. Da aber weiter Zweittermine für bereits mit Astrazeneca geimpfte Über-60-Jährige stattfinden, sollen die Zentren dafür Dosen zurückstellen, heißt es zunächst.
Gestern dann der nächste Tempowechsel. In einer weiteren Nachricht aus dem Gesundheitsministerium werden die Impfzentren nun aufgefordert, sämtlichen vorhandenen Astrazeneca-Impfstoff rasch an Menschen über 60 Jahre zu verimpfen – und zwar „schnellstmöglich, ggf. im Rahmen von Sonderaktionen“. Zudem stellt das Ministerium klar: „Rückstellungen für erst später anstehende Zweitimpfungen für diese Personengruppe sollen nicht gebildet werden.“ Was nicht verimpft werden kann, könne an die Arztpraxen weitergegeben werden. Bayern plant nun offensichtlich eine Astrazeneca-Offensive.
Der Impfstoff leidet seit Wochen unter einem Imageproblem. Gerade prüft die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) erneut mögliche schwere Nebenwirkungen. Dabei geht es vor allem um Thrombose-Risiken. Ein Ergebnis wird für Mittwoch oder Donnerstag erwartet.
Ende März haben die Gesundheitsminister beschlossen, dass Astrazeneca in Deutschland vorerst nur noch bei Über-60-Jährigen zum Einsatz kommt. Angesichts der dritten Corona-Welle dürfen die Länder dabei schon jetzt auch die 60- bis 69-Jährigen in der Impfpriorisierung vorziehen, wenn diese sich mit Astrazeneca impfen lassen. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) kündigte vergangene Woche an, das grundsätzlich umsetzen zu wollen. Nur wie und wo, konnte sein Haus da noch nicht sagen.
Wenn die Impfzentren ab 19. April aussteigen, sollen Erstimpfungen mit Astrazeneca nur noch in den Praxen stattfinden. Ein neues Detail, das in dieser Frage womöglich nicht unwichtig ist. Zumal aus dem Gesundheitsministerium der Hinweis kommt, dass die niedergelassenen Ärzte nicht nur bei der Impfung von chronisch Kranken und nicht mobilen Menschen eine besondere Rolle spielen. „Wenn es aus organisatorischen Gründen für eine schnelle und effektive Verimpfung erforderlich ist“, könnten auch alle 60- bis 69-Jährigen mit Astrazeneca so zum Zuge kommen, sagt eine Sprecherin. Heute kommt in München das Kabinett zusammen.
Die Ärzte nehmen ohnehin eine zunehmend stärkere Rolle ein. Seit 31. März impfen sie in Bayern großflächig mit. Zunächst stellte der Freistaat ihnen dafür noch selbst 33 000 Impfdosen Astrazeneca zur Verfügung. Künftig werden sie direkt vom Bund beliefert. Von den in Deutschland in diesem Monat erwarteten Lieferungen von 15 Millionen Impfdosen erhalten die Länder für ihre Impfzentren wöchentlich 2,25 Millionen, rund 350 000 davon gehen nach Bayern. Was darüber hinausgeht, bekommen die Arztpraxen. SEBASTIAN HORSCH