Der Bund will mehr Corona-Macht

von Redaktion

VON ULRICH STEINKOHL

Berlin – Mehr Einheitlichkeit, weniger Flickenteppich: Wegen des teilweise völlig unterschiedlichen Vorgehens der Länder bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie kommt aus der Unionsfraktion im Bundestag ein Vorstoß für mehr Kompetenzen des Bundes. Er zielt darauf ab, Berlin die Möglichkeit zu geben, per Rechtsverordnung bundesweit gleiche Maßnahmen durchzusetzen. Während die Initiative der CDU-Abgeordneten Norbert Röttgen, Johann Wadephul und Yvonne Magwas bis zum Donnerstagnachmittag in der Unionsfraktion gut 50 Unterstützer fand, kam vor allem von SPD-Ministerpräsidenten Protest.

Die drei CDU-Parlamentarier machten ihren Vorschlag in einer Mail an einen Teil der Unionsfraktion. Zunächst hatte die „Bild“ darüber berichtet. Der Zeitung zufolge denkt auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) konkret über eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes nach. Dies hatte sie bereits vor Ostern angekündigt und dabei moniert, dass die bereits Anfang März vereinbarte Notbremse ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 100 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner von manchen Ländern nicht umgesetzt werde.

Das Problem: Eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes – etwa mit dem Ziel, die Notbremse verpflichtend zu machen – kostet Zeit. Dies ist somit eher kein Weg, um die dritte Pandemiewelle schnell zu brechen. Und Merkel bräuchte auch die Zustimmung der Länder, wie sie vor Ostern ebenfalls schon deutlich gemacht hat.

Im Schreiben der drei CDU-Abgeordneten heißt es, eine Einigung auf gemeinsames Handeln sei nicht mehr möglich gewesen. „Dadurch wurde die Schwäche des Infektionsschutzgesetzes sichtbar, die darin besteht, dass dieses Gesetz nur die Landesregierungen zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigt, mit denen die Ziele des Gesetzes erfüllt werden sollen, nicht aber die Bundesregierung.“ Diese Lücke im Gesetz müsse der Bundestag zügig schließen.

„Spätestens der Ablauf der öffentlichen Diskussion unter verschiedenen Ministerpräsidenten seit Ostermontag über das Ob und Wie einer Ministerpräsidentenkonferenz zeigt, dass wir auch auf Bundesebene Handlungsfähigkeit brauchen“, sagte Wadephul dazu am Donnerstag der dpa.

Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) gehörte nach dpa-Informationen zunächst nicht zu den Unterstützern des Vorstoßes. Da er in der Vergangenheit aber ebenfalls für bundesweit einheitliche Regelungen plädiert hatte, dürfte er der Initiative positiv gegenüberstehen. Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt soll Unterstützung signalisiert haben.

Unterstützung kam aus Schleswig-Holstein. „Ich bin für verbindlichere Regelungen auch im Infektionsschutzgesetz für Regionen mit einer ansteigenden Inzidenz über 100 offen“, sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) auf Anfrage. „Allerdings sollten wir in diesem Gesetz das Problem bei der Wurzel packen und uns auf die wirklich wirksamen Lösungen zur Eindämmung der Pandemie konzentrieren, nicht auf die Bereiche, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen kaum Effekte auf die Entwicklung des Infektionsgeschehens haben, wie zum Beispiel der Einzelhandel oder Aktivitäten im Außenbereich.“

Ganz anders fiel die Reaktion aus Niedersachsen aus: „Ich kann derzeit nicht erkennen, wie mehr rechtliche Bundeskompetenzen zu einer besseren Eindämmung der Pandemie führen sollen – und darum muss es uns allen doch gehen“, sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). „Es drängt sich mittlerweile vielmehr der Eindruck auf, dass über eine Bundesgesetzgebung die Unionsreihen geschlossen werden sollen.“

Der für Montag geplante Corona-Gipfel von Merkel mit den Ministerpräsidenten steht derweil auf der Kippe. Voraussetzung sei „ein abgestimmter Vorschlag“, hieß es laut „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ in Bund-Länder-Kreisen. Da dieser bisher fehle, sei eine Konferenz am Montag eher unwahrscheinlich. Eine Verschiebung auf Mittwoch sei „noch denkbar“.

Artikel 10 von 11