München – Bei einer Corona-Infektion galten Atemwegserkrankungen zunächst als Risikofaktor für schwere Verläufe. Jedoch kommen offenbar weniger Asthmatiker mit einer Covid-19-Infektion ins Krankenhaus, als statistisch zu erwarten wäre. Forscher der Universität Oxford vermuteten, dass ein Grund in der Einnahme bestimmter Asthma- oder Allergiemedikamente liegen könnte. Sie haben jetzt eine Studie im Fachmagazin „The Lancet“ veröffentlicht und glauben: Ein einfaches Asthma-Spray könnte viel Leid ersparen.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, selbst Mediziner, nennt die Studie einen „Game Changer“. Das untersuchte Medikament wirke nicht nur für Asthmatiker, sondern für alle. Wäre er Hausarzt, würde er es anhand der Studiendaten einsetzen, wenn keine Kontraindikation für den einzelnen Patienten vorliege.
Es geht um das Glukokortikoid Budesonid, ein Steroidhormon, das etwa bei bronchialem Asthma verwendet wird. Eine frühe Behandlung mit Budesonid kann bei Covid-19-Erkrankungen den Oxford-Forschern zufolge das Risiko schwerer Verläufe deutlich reduzieren. Sie verabreichten Budesonid in einer Phase-II-Studie Personen, die sich mit Sars-CoV-2 infiziert hatten. Glukokortikoide verhindern offenbar, dass das Virus sich in den oberen Atemwegen vermehrt. Andere Steroide wie Dexamethason werden bereits zur Covid-19-Behandlung eingesetzt.
Die Behandlung mit Budesonid begann in der Studie im Schnitt drei Tage nach Auftreten der ersten Symptome. Eine Woche lang verwendeten die Studienteilnehmer zweimal am Tag einen Budesonid-Pulver-Inhalator von Astrazeneca. Diese Patienten mussten anschließend deutlich seltener in die Klinik als Patienten einer Kontrollgruppe. Die Studien-Autoren sehen eine um 90 Prozent reduzierte Wahrscheinlichkeit für Klinik-Einweisungen. Auch Langzeitfolgen von Covid-19-Infektionen könne Budesonid mildern.
Die Daten der bisher klein angelegten Studie müssten nun schnell überprüft werden, schreiben die Forscher. Denn die frühe, zeitlich begrenzte Gabe von Budesonid könne eine effektive – und günstige – Behandlung in der Frühphase einer Covid-19-Erkrankung sein. Behandlungen beginnen bisher oft spät, klagen Mediziner. „Junge Menschen halten oft mehr aus als ältere“, sagt Axel Fischer, Chef der München Klinik. So kämen sie teilweise zu spät in die Klinik und müssten dann schnell auf die Intensivstation.
Hoffnung auf einen weiteren Thearpie-Ansatz macht das Baseler Pharma-Unternehmen Roche. Die Schweizer setzen bei der Therapie von Covid-19-Erkrankungen auf Antikörper-Präparate. Laut einer Pressemitteilung vom Montag habe man dazu neue Studiendaten. Die Gabe einer vom US-Unternehmen Regeneron entwickelten Kombination mehrerer sogenannter monoklonaner Antikörper könne das Risiko symptomatischer Verläufe um 81 Prozent senken.
In einer Studie mit 1500 Teilnehmern wurde das Präparat nicht Infizierten, sondern ihren noch nicht angesteckten Haushaltsangehörigen gespritzt. Deren Risiko für symptomatische Verläufe reduzierte sich laut Roche um 81 Prozent. Eine zweite Erkenntnis: Infizierte mit Symptomen würden diese bei Gabe des Präparates im Schnitt in einer Woche statt in drei Wochen überwinden.
Roche will die Daten der europäischen Arzneimittelbehörde EMA vorlegen. Die prüft bereits Studien zu dem Präparat. Denen zufolge senkt es die Wahrscheinlichkeit schwerer Verläufe bei Risikopatienten deutlich. sr