Der Bund bastelt an der Notbremse

von Redaktion

VON MIKE SCHIER UND SEBASTIAN HORSCH

München – Normalerweise gilt Armin Laschet als einer, der die Corona-Gefahr nicht ganz so ernst nimmt wie andere Ministerpräsidenten – vor allem Ministerpräsidenten, die gerne Kanzlerkandidat der Union werden wollen. Vielleicht legt der CDU-Chef am Montagmittag auch deshalb einen emotionalen Ausbruch hin. 4500 Menschen lägen inzwischen bundesweit auf den Intensivstationen. Aber als er vergangene Woche seinen „Brückenlockdown“ vorgeschlagen hat, sei er nur wegen des Namens verspottet worden, klagt der CDU-Chef.

Er habe auch dafür geworben, die Ministerpräsidentenkonferenz vorzuziehen. Stattdessen sei sie abgesagt worden. Statt konsequent gegen die dritte Welle vorzugehen, werde nun ein Bundesgesetz gemacht – mit erster, zweiter und dritter Lesung. „Die Pandemie richtet sich aber nicht nach den Terminplänen des Bundesrates und den Sitzungswochen des Bundestags“, bricht es aus Laschet heraus. „Ich würde mir wünschen: Wir 16 (Ministerpräsidenten; d. Red.) kommen zusammen – heute, morgen, übermorgen – und entscheiden.“ Laschets Ausbruch gipfelt in dem Satz: „Ich bedauere es sehr, dass diese ganze Pandemie inzwischen parteipolitisch von Taktik überlagert ist.“

Worte, die sicher auch in der Bundesregierung gehört wurden. Doch ungeachtet dieser und anderer Kritik hält die Große Koalition vorerst an ihrem Zeitplan fest. Heute soll das Kabinett die Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes auf den Weg bringen. Die Abstimmungen dafür liefen noch, sagte gestern Regierungssprecher Steffen Seibert.

Soll das Vorhaben wie geplant schnell durch den Bundestag gebracht werden, braucht es dazu auch die Opposition. Denn das beschleunigte Verfahren müsste mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden. Und im Bundesrat wäre wohl die Zustimmung der Länder nötig.

Doch noch gibt es viele Widerstände. Grünen-Chef Robert Habeck begrüßte den Vorstoß zwar grundsätzlich, bezeichnete ihn aber als „nicht gut genug“. Es fehle etwa an einer Testpflicht für Unternehmen und staatliche Stellen, bemängelte er. Die Linke und die CDU-Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (Sachsen) und Reiner Haseloff (Sachsen-Anhalt) kritisieren hingegen die Ausgangsbeschränkungen. Auch im Berliner Abgeordnetenhaus gibt es breiten Widerstand. Wie auch Kretschmer bemängelt zudem die FDP, dass sich der Entwurf vor allem an der Inzidenz und nicht auch an anderen Parametern orientiert. Das SPD-geführte Niedersachsen wiederum sieht die Erfahrungen der Länder nicht angemessen berücksichtigt. In Bayern sind die Freien Wähler gegen eine Kompetenzverlagerung nach Berlin und in Schleswig-Holstein lehnt mit der FDP ein Teil der Jamaika-Koalition einheitliche Regelungen ab, weil sie ebenfalls die Ausgangsbeschränkungen für problematisch hält.

Die Infektionszahlen schnellen derweil nach oben. Die 7-Tage-Inzidenz stieg auf 136,2 und damit auf den höchsten Wert seit zwölf Wochen. Mehr Ansteckungen pro 100 000 Einwohner und sieben Tage gab es laut Robert Koch-Institut (RKI) zuletzt am 16. Januar.

Auch wenn also noch unter Druck verhandelt wird, sind die groben Linien der neuen Regelungen schon erkennbar. Aus bayerischer Sicht kommt manches darin bekannt vor. In einer Formulierungshilfe des Bundes wurden mehrere Maßnahmen für Landkreise mit einer Inzidenz über 100 vorgeschlagen – das sind aktuell mehr als die Hälfte. Gestattet wären private Treffen eines Haushaltes nur noch mit einer weiteren Person – ohne Kinder insgesamt maximal fünf Personen. Vorgesehen sind zudem Ausgangsbeschränkungen von 21 bis 5 Uhr. Schulen sollen ab einer Inzidenz von 200 schließen.

Darüber hinaus könnte das Kabinett Testangebote in Unternehmen verpflichtend machen. Viele Firmen haben bisher zwar freiwillig Testmöglichkeiten für ihre Mitarbeiter geschaffen, der Regierung reicht das aber nicht. Wie aus einem Verordnungs-Entwurf hervorgeht, sollen Unternehmen verpflichtend ein Mal in der Woche Tests anbieten, bei viel Kundenkontakt zwei Mal. Auch von der Firma bezahlte Selbsttests wären möglich.  mit dpa und afp

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