Ein schneller Wahlgang im Getümmel

von Redaktion

Mitten im Wirbel um K-Frage, Söder-Zukunft und Maskenaffäre stellt sich CSU-Fraktionschef Kreuzer zur Wiederwahl

München – Es war eine Wahl mitten im Getöse und im Pulverdampf. Thomas Kreuzer störte das mitnichten. Mitte Oktober 2018, als die CSU nach ihrem Landtagswahldesaster in eine Koalition taumelte und ihren Parteichef Seehofer ganz in die Berliner Steppe zu schicken versuchte, da stand auch die Wiederwahl des Fraktionschefs an. Keiner hatte Zeit und Nerven, Kreuzer in Frage zu stellen oder herauszufordern. Mit 77 Ja-Stimmen, über 90 Prozent, bestätigten die Abgeordneten ihren Vorsitzenden, recht ordentlich. Wer damals nur sanfte Zweifel hatte, tröstete sich: In einer ruhigen Phase mitten in der Legislaturperiode wird eh nachgewählt.

Nun ja: Nachgewählt wird, aber wieder mitten im Getöse. Am Mittwoch will sich Kreuzer überraschend zur Wiederwahl stellen, früher als erwartet. Der 61-Jährige Allgäuer will sich für die zweite Hälfte der Legislaturperiode bestätigen lassen. Wieder wird das sehr unauffällig ablaufen, denn in der Union tobt gerade die Machtfrage um die Kanzlerkandidatur, Kreuzer hat gerade keiner besonders im Blick.

Ihm dürfte das recht sein. Es drängt ihn nicht in den Mittelpunkt. Kein Verhuschter ist er, kein Wegducker, als klar und kantig Konservativer hat der Jurist ein Profil – die Eitelkeit für große Schlagzeilen ist ihm aber fremd. Auch deshalb genießt er Vertrauen und Sympathie von Regierungschef Markus Söder.

Gleichzeitig ist Kreuzers Fraktion, auf 84 Abgeordnete geschrumpft, allerdings in keinem guten Zustand. Seit Söders Amtsantritt haben die Abgeordneten zwar allerlei Posten und Pöstchen, aber inhaltlich wenig zu sagen. Weil Söder alle Entscheidungen und Prozesse an sich in die Staatskanzlei zieht, weil aus der Fraktion – früher oft CSU-„Herzkammer“ genannt – aber auch kaum noch wegweisende Ideen kommen.

Schlimmer noch: Die Masken-Affäre um den inzwischen ausgetretenen Abgeordneten Alfred Sauter stürzte die CSU-Fraktion mitten in frühere Skandal-Zeiten zurück. Jeder in der Fraktion wusste von Sauters ergiebiger Verquickung von Mandat und Anwaltstätigkeit, keinen störte es. Auch Kreuzer selbst stellte sich erst spät (dann aber klar) gegen Sauter.

Wie entschlossen nun die Aufarbeitung ausfällt, ist offen. Eigentlich hätte die Parteispitze gern klare Regeln für die vielen Anwälte im Parlament, um Interessenkonflikte radikal einzuschränken. Kreuzer hat vorerst eine Arbeitsgruppe einberufen, die erst nach seiner Wiederwahl zu Ergebnissen kommen wird.

Wer sich umhört in der Fraktion, bekommt ein gemischtes Bild. Kreuzers Sitzungsführung, seine intellektuelle Schärfe und sein Redetalent im Parlament werden gelobt. Er gilt als hart, aber verlässlich; hat sich aber auch Gegner gemacht. Die Fraktion müsse wieder „auf Augenhöhe mit der Staatsregierung“ kommen, statt „bloßes Vollzugsorgan“ zu sein, sagt der schwäbische Ex-Minister Franz Pschierer. Die einstige Herzkammer müsse „aufpassen, dass es nicht zum ,Herzstillstand‘ kommt“.

Kreuzer selbst beschreibt Staatsregierung und Fraktion als „Aktionseinheit mit Geschlossenheit. Die Fraktion muss die Staatsregierung aber auch kontrollieren und deutlich kund tun, was sie will und was nicht. Wir haben da kein Defizit.“ Das Team um ihn mit den Stellvertretern soll unverändert bleiben. Als Schwerpunkte für die Zeit bis 2023 nennt Kreuzer die Umsetzung der Hightech-Offensive und Entbürokratisierung in Bund und Land. C. DEUTSCHLÄNDER

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