Ausgangssperre ab 21 Uhr

Merkel überspannt den Bogen

von Redaktion

GEORG ANASTASIADIS

Ausgangssperren wirken in der Viruskrise, sagen Epidemiologen. Das stimmt. Nur wie sie wirken, weiß keiner so genau. Zieht der Staat die Schraube zu stark an, wird er zivilen Ungehorsam ernten. Soll dann die Polizei an einem lauen Frühlingsabend tausende Menschen vom Isarufer oder von der Spree wegtragen, die nach einem langen Winter die ersten schönen Feierabende im Freien verbringen? Sollen sie zurück in enge Wohnungen und dort noch gemeinsam ein Bier trinken? Das wäre ein Fest – für das Virus.

Das sture Festhalten der Kanzlerin an ihrer 21-Uhr-Ausgangssperre zeigt, wie weit Angela Merkel der Realität in dem Land, das sie seit 15 Jahren regiert, entrückt ist. Man kann sehr darüber streiten, wie überzeugend es ist, dass sich ausgerechnet der Bund, der in der Pandemie bisher so ziemlich alles vermasselt hat, mit dem Infektionsschutzgesetz zum Retter aufspielen will. Aber wenn Merkel bei einer Inzidenz von 100 bereits um 21 Uhr, wenn es draußen noch hell ist, das ganze Land zusperrt, und das bis in den Juni hinein, überspannt sie den Bogen. Sie wird ihre Bundesbürger dann von einer anderen Seite kennenlernen.

Längst ist die 21-Uhr-Regelung zum harten emotionalen Kern des Widerstands gegen den Merkel-Lockdown geworden. Das hat sogar Söders CSU erkannt, die etwas Druck aus der explosiven Lage nehmen will und jetzt eine Verschiebung der Ausgangssperre auf 22 Uhr fordert. Eine Stunde. Ein Symbol? Gewiss. Aber eines, das zwar nicht für alle, aber doch für viele Bürger den Unterschied macht.

Georg.Anastasiadis@ovb.net

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