Während die Politik einmal mehr um Inzidenz-Grenzen feilscht, starten Epidemiologen eine längst überfällige Debatte: Die Zahl der Neuinfektionen der letzten sieben Tage taugt nicht mehr, um daran so einschneidende Maßnahmen wie Schulschließungen oder Ausgangssperren festzumachen. Denn angesichts der – hoffentlich – flächendeckenden Tests in den Schulen steigt der Anteil an Kindern und Jugendlichen unter den Infizierten, die meist harmlose Verläufe haben.
Zudem sollten bald die Risikogruppen geimpft sein, was zu einer Entspannung auf den Intensivstationen führen müsste. Womit wir bei der eigentlichen harten Währung dieser Phase der Pandemie sind: der Belastung beziehungsweise Überlastung der Intensivstationen. Die Inzidenz-Grenzen werden zunehmend willkürlich von der Politik festgelegt. Der einst so hochheilige 50er-Wert interessiert niemanden mehr. Und für die Schulen wurde plötzlich eine Grenze von 165 aus den Hut gezaubert, die ein klassischer Polit-Kompromiss ist, der mit wissenschaftlichen Kriterien rein gar nichts mehr zu tun hat. Solche beliebigen Zahlenspiele werden coronamüde Bürger sicher nicht zum Durchhalten animieren.
Ziel der Politik kann ja nicht sein, eine zunehmend fragwürdige Zahl wie ein goldenes Kalb zu umtanzen. Es geht darum, die Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden! Und der klare, nachvollziehbare Kennwert dafür ist die Auslastung der Intensivbetten.
Klaus.Rimpel@ovb.net