Grundrechte in kleinen Dosen

von Redaktion

VON CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

Berlin/München – Am Ende setzt sich eine schöne Floskel durch. Eine „Ministerpräsidentenkonferenz der Hoffnung“ habe man erlebt, verkündet Markus Söder. Das sagt viel darüber aus, was das zuletzt für traurige Veranstaltungen waren, wenn die Regierungschefs von Bund und Ländern per Video tagten. Es sagt aber wenig darüber aus, was diese Konferenz tatsächlich den Bürgern bringt. Hoffnung ist nämlich eine schwer greifbare Sache.

Der Konsens ist klein, und das nach „schon sehr kontroversen“ Debatten, wie Söder fallen lässt. Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat sollen im Lauf des Mai ein Regelwerk beschließen, um fertig Geimpfte und Genesene etwas besser zu stellen. Die müssen dann keine Tests mehr vorlegen, um bei höheren Inzidenzen in Läden oder zum Friseur zu gehen. Sie müssen auch in den meisten Fällen nicht mehr in Quarantäne, wenn sie aus dem Ausland einreisen oder wenn sie Kontaktperson eines Infizierten waren. Wer mal 14 Tage in seine Wohnung gepfercht war, mag das zu schätzen wissen. Weitere Lockerungen bleiben aber vorerst aus: Bisher gibt es keine Antwort, ob Restaurants, Fitnessstudios, Theater zum Beispiel für Geimpfte ganz normal öffnen dürften. Ob Ausgangssperren und Kontaktregelb noch gelten.

Teilnehmer der Runde berichten, darüber sei heftig gestritten worden. Sogar SPD-intern: „Wir dürfen Grundrechte für Geimpfte nicht beschränken“, sagte Bundesjustizministerin Christine Lamprecht demnach klar. Einflussreiche Ministerpräsidenten wie Stephan Weil (Niedersachsen), Malu Dreyer (Rheinland-Pfalz) oder Manuela Schwesig (Mecklenburg-Vorpommern) widersprachen. Sie treiben auch die Sorgen vor einer Zwei-Klassen-Gesellschaft und vor einem totalen Zusammenbruch der Akzeptanz jeglicher Regeln um. Junge Menschen, die noch nicht mal die Chance auf einen Impftermin hatten, werden mitunter frustriert auf Geimpfte schauen, die viel mehr dürfen.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) dringt deshalb darauf, die Impf-Regeln möglichst schnell zu lockern. Aktuell wird zumeist die Prioritätengruppe 3 geimpft, also alle über 60, dazu bestimmte Berufs-Risikogruppen von der Supermarktkassiererin bis zum Minister. Für Astrazeneca gilt das in Bayern beim Hausarzt bereits nicht mehr, in Hochinzidenzgebieten gar nicht mehr – Söder will diese Regeln ganz lockern. Er will ganze Firmen von den Betriebsärzten durchimpfen lassen, wohl auch in soziale Milieus gehen und Familien Termine anbieten. „Impfen gegen Mortalität, für Mobilität“ nennt er das. Vorerst hat sich der zuständige Bund mit den Ländern aber nur auf „spätestens Juni“ geeinigt.

Noch ist ja auch nicht genügend Impfstoff da. Im zweiten Quartal werden aber immerhin laut Kanzlerin Merkel 80 Millionen Dosen, davon 50 Millionen von Biontech, erwartet. „Die Dinge werden sich deutlich beschleunigen“, sagte sie und wiederholte das Versprechen, dass bis Mitte September jeder Bürger ein Impfangebot bekommen werde. Intern heißt es: sogar früher.

Offen ist aber die Sache mit dem Urlaub. Merkel wollte vor Journalisten von Pfingsten nicht sprechen, sich auch bei Sommer auf kein Datum festlegen, wann Tourismus im Inland wieder möglich ist. „Urlaub wird von Grundinzidenzen abhängen“ sagte sie und verwies auf den Sommer 2020 mit einstelligen Inzidenzen. Man brauche noch Wochen der Anstrengungen.

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