München – Die Auftritte von Jens Spahn und Lothar Wieler vor der Hauptstadtpresse sind in den letzten Monaten nie Anlass für Erfolgsgeschichten gewesen, aber diesmal hat Spahn dann doch etwas Erfreuliches zu berichten. „Zum ersten Mal haben wir über ein Prozent der Bevölkerung an einem Tag geimpft“, sagt der Bundesgesundheitsminister. In absoluten Zahlen klingt es erst wirklich imposant: 1,1 Millionen Dosen wurden am Mittwoch verabreicht – über 300 000 mehr als am bisherigen Rekordtag Mitte April.
Unter dem Eindruck dieser Zahlen kann sich Spahn vorstellen, dass die angekündigte Verordnung zu Erleichterungen für vollständig Geimpfte früher als geplant kommen kann. Ähnlich hatte sich zuvor Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) geäußert, deren Haus die Verordnung ausarbeitet und gestern einen ersten Vorschlag an die anderen Ministerien versandte. In dem Entwurf heißt es unter anderem, dass Geimpfte und Genesene von Auflagen für private Treffen und nächtlichen Ausgangsbeschränkungen ausgenommen werden sollen. In Bayern müssen vollständig Geimpfte – und womöglich bald auch Genesene – bereits keine negativen Tests mehr vorlegen. Auch das könnte bald auch bundesweit gelten. Spahn sieht realistische Chancen, dass die Vorlage bereits vor dem zuletzt avisierten 28. Mai durch den Bundesrat geht.
Lothar Wieler, Chef des Robert-Koch-Instituts, warnte vor einer zu umfassenden Regelung : „Auch bei Geimpften besteht ein Restrisiko, dass sie andere anstecken können.“ Zwar führen geimpfte Ältere „sozusagen gut und sicher angeschnallt durch diese Pandemie“. Gleichzeitig fehle aber Jüngeren dieser Sicherheitsgurt. „Daher sind sie weiterhin auf Verkehrsregeln und umsichtige Verkehrsteilnehmer angewiesen, die dem Infektionsgeschehen angepasst durch die Gegend fahren.“
Zur weiteren Beschleunigung des Tempos hatte Ministerpräsident Markus Söder zuletzt angeregt, neben Impfzentren und Hausarztpraxen bald auch in Apotheken und Supermärkten zu impfen. Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns protestierte prompt. Corona-Impfungen gehörten „in die Praxen, nicht in die Supermärkte“. mb/dpa