Karlsruhe/Berlin – Es ist ein großer Sieg für junge Klimaschützer. Wenige Monate vor der Wahl hat das Verfassungsgericht der Bundesregierung eine Klatsche verpasst, die noch lange nachwirken dürfte. Die Politik muss deutlich mehr tun, damit Klimaziele erreicht werden – und darf einschneidende Schritte zur Senkung von schädlichen Treibhausgasemissionen nicht zu Lasten der jungen Generation auf die lange Bank schieben.
Berlin muss das Klimaschutzgesetz nachbessern, wobei das Gericht eine Frist bis Ende 2022 setzte. Sofort nach dem Urteil begann eine Debatte über schärfere Maßnahmen. In der Großen Koalition lieferten sich Minister einen Schlagabtausch über Versäumnisse. Derweil jubeln die Umweltverbände, ein solches „bahnbrechendes“ und „epochales“ Urteil war nicht erwartet worden. „Es ist ein unfassbar großer Tag für viele“, sagte Luisa Neubauer von Fridays for Future, die in Karlsruhe zu den Klägerinnen gehörte. Die Bewegung sei „belächelt“ worden.
Nun aber steht schwarz auf weiß: Klimaschutz ist eine Frage der Generationengerechtigkeit. Denn das Gericht stellt fest, dass einschneidende Maßnahmen den Jüngeren aufgebürdet würden. „Die Vorschriften verschieben hohe Emissionsminderungslasten unumkehrbar auf Zeiträume nach 2030.“ Bisher sieht das Gesetz vor, dass die Regierung 2025 für weitere Zeiträume nach 2030 jährlich absinkende Emissionsmengen festlegt – das genügt aber nicht, sagt nun das Verfassungsgericht.
Markus Söder (CSU) forderte eine Generalrenovierung des Bundesgesetzes. Gleichzeitig steht Söder selbst unter Zugzwang, auch das bayerische Gesetz nachzubessern. Die Opposition warf ihm vor, dieses enthalte viel zu lasche Vorgaben. Noch vor der Sommerpause soll sich nun das Kabinett damit befassen. „Es ist nicht mal ein halbes Jahr her, dass die Söder-Regierung in Bayern das wohl schlechteste und wirkungsloseste Klimaschutzgesetz aller Zeiten beschlossen hat“, sagte Grünen-Landtagsfraktionschef Ludwig Hartmann. Dass Söder jetzt so tue, als habe er schon immer gewusst, dass es mehr brauche, sei „schon ein besonders übler Akt der Realitätsverdrehung“.