München – Die Unionsspitze in Berlin und München hätte es gern verhindert – doch die CDU-Basis in Südthüringen blieb rebellisch: Mit 37 von 43 Stimmen, also 86 Prozent, kürte sie den Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen zu ihrem Direktkandidaten und schickte ihn in den Bundestagswahlkampf. Die Nominierung des 58-Jährigen, der vor allem wegen seiner Haltung zur Flüchtlingspolitik seit Jahren polarisiert, sorgte am Wochenende bundesweit für heftige Reaktionen. Das sei ein „schwieriges Signal für den Gesamtkurs der Union“, erklärte CSU-Generalsekretär Markus Blume – betonte jedoch, dass es sich um eine Angelegenheit der CDU handle. „Umso wichtiger ist, dass es bei der klaren Abgrenzung zur AfD kein Wackeln gibt.“
Thüringens CDU-Generalsekretär Christian Herrgott hat dazu aufgerufen, die Nominierung durch vier CDU-Kreisverbände zu respektieren. „Natürlich gibt es kritische Stimmen zu Maaßen. Aber es zeichnet eine Volkspartei aus, dass ein breites Spektrum an Meinungen und Kandidaten möglich ist“, sagte Herrgott. Die nordrhein-westfälische CDU-Staatssekretärin für Integration, Serap Güler, schrieb auf Twitter: „An die 37 Parteikollegen in Südthüringen: Ihr habt echt den Knall nicht gehört! Wie kann man so irre sein und die christdemokratischen Werte mal eben über Bord schmeißen? Wer so große Angst vor der AfD hat, hat so vieles längst aufgegeben. Ein bitterer Tag.“
Maaßen wies den Vorwurf einer AfD-Nähe bei seiner Bewerbung in Suhl von sich. Er habe als Verfassungsschutzpräsident 2018 die AfD-Prüfung initiiert – nach Recht und Gesetz, nicht nach Opportunität, sagte er. Mit ihrem Parteitag in Dresden habe sich die AfD weiter radikalisiert. Und natürlich stehe er zum Abgrenzungsbeschluss der CDU, der eine Zusammenarbeit mit der Linken und der AfD nicht zulasse. Maaßen kündigte an, der Thüringer AfD mit Rechtsaußen Björn Höcke an der Spitze Stimmen abzujagen. „Ich möchte Menschen, die aus Protest AfD wählen, überzeugen, wieder die CDU zu wählen.“
Aber warum setzten die Thüringer Delegierten ausgerechnet auf den gebürtigen Mönchengladbacher, der 400 Kilometer von Berlin in seinen Wahlkreis 196 fahren muss? „Unser Anspruch ist, dass der Wahlkreis nicht an die AfD oder an die Linke fällt“, sagt Ralf Liebaug, CDU-Kreischef von Schmalkalden-Meiningen. Der Wahlkreis gilt als heikel für die CDU, nachdem der angestammte CDU-Kandidat Mark Hauptmann im Zuge der Maskenaffäre seine Ämter niederlegen musste. Gegen ihn ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Bestechlichkeit. SIMONE ROTHE