Geimpfte und Grundrechte

Das große Zittern in Berlin

von Redaktion

CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

Welch wundervolle Nachricht, dass für doppelt Geimpfte keine Ausgangssperre mehr gilt! Die gut durchgeimpfte Generation 90 plus darf nun nach 22 Uhr joggen gehen. Der Rest fragt sich: Ist das alles? Mit viel Trara hat Berlin ein Päckchen an „Erleichterungen“ beschlossen, die nicht mehr sind als banale Selbstverständlichkeit. Natürlich kriegt noch während der Pandemie jeder seine Grundrechte zurück, der sich und andere verlässlich vor Infektionen schützt. Die Frage ist: Geht das weit genug?

Zweifel sind angebracht. Der Bund handelt ja nicht aus Überzeugung, eher widerwillig. Das Kanzleramt würde die vollen Lockerungen für Geimpfte und Genesene gern hinauszögern, um vor September eine gespaltene Gesellschaft und Neiddebatten zu verhindern. Der Einwand ist berechtigt, sticht aber nicht. Es geht um Grundrechte, gehütet vom Verfassungsgericht. Spätestens nach dem ziemlich weit gefassten Klima-Urteil aus Karlsruhe dämmert vielen: Dieselben Richter werden bei Bedarf auch die Corona-Regeln kurz und klein schlagen. Die Politik wäre gut beraten, von sich aus die Grundrechte kontrolliert weitestmöglich zurückzugeben.

Masken und Abstand, Vorsicht und Verzicht auf Massenaufläufe werden erst mal für alle bleiben, das ist auch gut so. Der Weg wird und muss aber sein, dass das öffentliche Leben wieder für Geimpfte öffnet, notfalls bei höheren Inzidenzen exklusiv: Restaurants, Hotels, Theater, gerne auch ein EM-Stadion. Neid? Na und! Lieber ein Saal halbvoll mit Geimpften als steuer- und schuldenfinanzierte Totalschließung. Wer das klug einsetzt, schafft Impf-Anreize. Rauszögern ist verschenkte Gestaltungsmacht.

Christian.Deutschlaender@ovb.net

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