Für einen Satz, wie ihn Alice Weidel kürzlich im ZDF sagte, braucht es schon eine ordentliche Portion Chuzpe. Partei und Fraktion hätten nichts mit der Querdenker-Szene zu tun, sagte die AfD-Fraktionschefin nonchalant. Man sei keineswegs der politische Arm dieser Bewegung.
Weidel schien irgendwie vergessen zu haben, dass Co-Fraktionschef Alexander Gauland im Bundestag von einer „Corona-Diktatur“ sprach. Dass Parteifreunde wie Bayerns Vize-Landeschef Hansjörg Müller auf einer Demo das Infektionsschutzgesetz als „Ermächtigungsgesetz“ bezeichneten und sich andere mit Menschen fotografieren ließen, die einen „Judenstern“ trugen. Dass manche AfD-Verbände zur Teilnahme an Querdenker-Demos aufrufen und einige Politiker die Gefahr des Virus geradewegs leugnen. In Inhalt und Auftritt sind AfD und Querdenker inzwischen derart verwoben, dass es kein Entkommen gibt. Diese Nähe zu suchen, war eine bewusste Entscheidung der Partei, nachdem der anfänglich, genau gegenteilige Kurs – der Regierung angesichts Corona Untätigkeit vorzuwerfen – bei der Anhängerschaft nicht gut ankam. Verbindungen zu leugnen ist ähnlich glaubhaft, wie es bei Pegida war.
Weidels Abgrenzung ist nicht nur der Versuch, sich im Wahljahr den Verschwörer-Staub von der Weste zu klopfen. Wichtiger dürfte sein, dass die Querdenker inzwischen vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Direkte Verbindungen in die Szene sind also nicht mehr nur anrüchig, sondern gefährlich für die Partei – und ihre potenzielle Spitzenkandidatin: Alice Weidel.
Marcus.Maeckler@ovb.net