Wenn die Karlsruher Richter der Regierung Hausaufgaben diktieren, haben es die Politiker meist nicht eilig. Beim Klimaschutzgesetz aber mutieren plötzlich alle zu Musterschülern, denen es nicht schnell genug geht. Nicht einmal zwei Wochen (!) nach dem Urteilsspruch legte die stark schrumpfende „Große Koalition“ ein ambitioniertes Gesetz vor: Schon 2045 soll Deutschland nun klimaneutral sein. Markus Söder, der Streber unter den Musterschülern, gibt für Bayern gar 2040 als Ziel vor.
Gegen all das kann eigentlich niemand etwas haben – zumindest, solange nur irgendwelche Jahres- und Ausstoßzahlen in Tabellen eingetragen werden. Deutlich schwieriger wird es aber, wenn es um das Wie und die praktischen Auswirkungen geht: um das Ende von Verbrennungsmotoren und Ölheizungen. Um die Frage, ob man in Bayern ohne Windräder (Stichwort: 10H-Regel) überhaupt genügend erneuerbare Energien produzieren kann. Um die Folgen für Wirtschaft, Arbeitsplätze und Wohlstand. Um das Problem der sozialen Gerechtigkeit, wenn Benzin, Heizöl oder Fleisch teurer werden. Die scheidende Regierung hinterlässt der Nachfolgerin einen riesigen Arbeitsauftrag und unangenehme Debatten.
Der schwarz-rote Aktionismus mag angesichts der Wahl im September und den starken Grünen verständlich sein. Aber ist er klug? Sinnvoller wäre es, das Vorgehen mit der EU-Ebene zu synchronisieren, die gerade ebenfalls an Klimazielen arbeitet. Zentrale Bausteine wie der Emissionshandel zeigen länderübergreifend viel mehr Wirkung.
Mike.Schier@ovb.net