München – Es klingt nach lichtscheuen Gestalten aus grauen Bereichen, doch gemeint ist genau das Gegenteil. Wenn die Politik vom „Schattenkabinett“ redet, ein Begriff aus dem 19. Jahrhundert, soll es doch eher um Lichtgestalten gehen, künftige Minister, Kompetenzträger, bestenfalls Sympathen. Irgendwo hier zwischen Licht und Schatten schwirrt jetzt auch die Frage: Mit wem würde Armin Laschet regieren?
Offiziell will der CDU-Kanzlerkandidat kein Schattenkabinett benennen für die Bundestagswahl. Hinter den Kulissen und in Medien kursieren aber erste Skizzen eines Zirkels. „Laschet sucht sein Siegerteam“, titelte unlängst die „Wirtschaftswoche“. Die Personalien darin sind interessant – und kontrovers.
Für Unruhe sorgt, dass in diesem Bericht zwei CSU-Ministerinnen fest eingeplant sind. Dorothee Bär, die Digitalpolitikerin, gilt in der Union als gesetzt, sollte man ab 2021 noch mal Kabinettsposten zu vergeben haben. Anders Michaela Kaniber, die Agrarministerin aus Bayern. Sie wolle nach Berlin wechseln und stehe ganz oben auf Laschets Liste, analysiert die „Wirtschaftswoche“, die sich in ihrem Text auf „Berater“ des Kanzlerkandidaten beruft.
Die 43-Jährige aus Bad Reichenhall, Kind von Gastarbeitern aus Bosnien und Kroatien, hat sich seit 2018 neu in die Landwirtschaftspolitik eingearbeitet. Dieses Ressort auch im Bund zu greifen, war mal ein Gedanke der CSU. Kaniber selbst sagt zu einem Berlin-Wechsel auf Nachfrage knapp: „Nein.“ Parteifreunde bescheinigen ihr zwar Ehrgeiz, aber ergänzen: Schon gar nicht ohne Wahlkreis (den besetzt seit den 90ern der ewige Peter Ramsauer).
Woher kommt dann die Spekulation? Ob sie je Kontakt zu Laschet oder seinen Leuten hatte, beantwortet Kaniber noch knapper. „Nein. Nie.“ Das wäre auch heikel: Sie ist eine engere Vertraute des CSU-Chefs Markus Söder. Der wird sich nach dem Hin und Her um eigene Kanzlerambitionen kaum von Laschet eine Kabinettsumbildung in Bayern diktieren lassen. Zumal in der Praxis kein Kanzler, sondern die Parteichefs einer Koalition über ihre Minister entscheiden. Vielleicht ist es kein Zufall, dass Söder deshalb Anfang Mai recht schroff fallen ließ, dass er in Bayern aufgrund von Bedeutung und Bekanntheit keinem Mitglied seines Kabinetts eine Listenkandidatur für Berlin zutraue.
Das klang endgültig. Sollte Laschet tatsächlich regieren – in der CSU glaubt das nicht jeder –, kämen potenzielle CSU-Minister dann aus der Landesgruppe: Namen wie Thomas Silberhorn, Stephan Mayer, Stefan Müller, Daniela Ludwig, Emmi Zeulner fallen.
Dennoch gibt es auf CDU-Seite interessante Personal-Spekulationen. Plausibel: Laschet wolle seine Staatssekretärin Serap Güler als Integrationsministerin ins Kanzleramt mitnehmen. Die 40-Jährige, Kind türkischer Einwanderer (Vater Bergmann, Mutter Hausfrau), mischt immer stärker in Berliner Debatten mit. Ebenso wird Nadine Schön (37, Saarland, Expertin für Digitales) aus der Unionsfraktion genannt.
Drei Wirtschaftspolitiker stehen in der „Wiwo“-Liste. Friedrich Merz zeigt derzeit Loyalität zu seinem (ehemaligen?) Rivalen Laschet. Der junge Fraktionsvize Carsten Linnemann (43, Paderborn) ist ebenfalls trotz enger Verbindungen auch in die CSU hinein in Laschets Unterstützerkreis gewechselt. Linnemann ist wichtig, weil er die Mittelstandsunion führt. Genannt wird zudem der Chef des Chemiekonzerns Evonik, Christian Kullmann. Der 52-Jährige, gebürtiger Gelsenkirchener, ließ nie Zweifel, wo er steht. Für Laschet als CDU-Chef und Kanzler sprach er sich schon Anfang 2020 aus.
CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER