Weil China Taiwan und die Freiheit im südchinesischen Meer bedroht, senden unsere Verbündeten England, Frankreich und die Niederlande nun auch ihrerseits Kriegsschiffe dorthin als Demonstration. Die Royal Navy schickt ihren neuesten Flugzeugträger und Frankreich den Flugzeugträger Charles de Gaulle zu gemeinsamen Übungen mit den USA, Japan und Australien. Deutschland entsendet die Fregatte „Bayern“ in die durch Chinas Aggressivität gefährdete Region. Alle wollen damit eintreten für die internationale Sicherheit, die Freiheit von Taiwan und die Einhaltung der seit dem letzten Weltkrieg geltenden Regeln.
Die Deutschen aber wagen es nicht, etwas zu tun, was bei den mächtigen Chinesen auch nur ein Stirnrunzeln hervorrufen könnte. Als kürzlich in Taiwan in freien Wahlen eine neue Ministerpräsidentin gewählt wurde, hat Berlin nicht einmal den Mut gehabt, entsprechend normaler internationaler Gepflogenheit zu diesem Wahlsieg zu gratulieren. Jetzt ist es nicht weniger peinlich, dass die deutsche Fregatte als einziges Schiff des westlichen Verbundes zunächst Shanghai besuchen will, bevor es in die Gewässer des südchinesischen Meeres weiterfährt. Mit anderen Worten wollen wir dort um Erlaubnis anfragen, ob und wohin die „Bayern“ weiterfahren darf. Auf der einen Seite sich zu seinen Verbündeten zu bekennen gegen chinesische Eroberungspläne, gleichzeitig aber dort unterwürfig anzuklopfen, das ist so etwas wie der Versuch, die Fläche eines Kreises auf die genaue Größe eines Quadrates umzulegen. Mit dieser Schlaumeier-Politik fallen wir dem Bemühen unserer Freunde in den Rücken. Das macht uns unglaubwürdig bei unseren Verbündeten und lächerlich in der Welt.
Das Wort „Realpolitik“ stammt von Bismarck. Als Lehnwort ist es in viele Sprachen eingegangen. In der Berliner Außenpolitik aber ist das eher zum Fremdwort geworden.
Nun wünscht sich sicher niemand, dass Deutschland in einen Seekrieg im asiatischen Meer verwickelt sein könnte. Das aber ist schon deswegen absurd, weil wir gar keine gewichtige Marine besitzen. Umso wichtiger aber ist es, dass wir mit den geringen Mitteln, die wir haben, wenigstens ein eindeutiges Bekenntnis zu unseren westlichen Verbündeten abgeben, von denen wir selber ja auch Schutz erwarten.
Als 1901 die Großmächte unter ganz anderen Umständen eine Flotte zur Niederwerfung des Boxeraufstandes nach China schickten, tat unser Kaiser sich unrühmlich hervor. Die deutschen Soldaten sollten keine Gefangenen machen und so auftreten, dass nie mehr ein Chinese es wagen würde, einen Deutschen scheel anzuschauen. Historisch gesehen also haben wir Deutschen allen Grund, uns dafür nochmals zu entschuldigen.
Die jetzige Schlaumeier-Politik aber ist in ganz anderer Richtung verfehlt. Deutschland will zum Westen gehören, aber eben doch nicht so ganz. Wir segeln mit im Verbund, aber nur, soweit es China gefällt. „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“ steht auf der Signalflagge der Fregatte Bayern. Hoffentlich wird die Geschichte das einmal besser beurteilen als die martialischen Worte unseres Kaisers.
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