Habecks Ukraine-Vorstoß

Verräterische Floskeln

von Redaktion

MARCUS MÄCKLER

Abwägung zahlt sich nicht immer aus, das muss Grünen-Chef Robert Habeck gerade am eigenen Leib erfahren. Er hat sich nach einem Frontbesuch vorsichtig – und gegen die Parteilinie – für Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen und damit von politisch links bis rechts Schnappatmung ausgelöst. Aber so reflexhaft die Einwände der Kritiker kamen („Keine Waffen in Krisengebiete“/“Politische statt militärische Lösung“), so verräterisch sind sie. Einmal mehr floskelt die deutsche Außenpolitik ein heikles Problem weg, statt sich ihm zu stellen.

Waffenlieferungen sind eine delikate Sache, deshalb dürfen sie nicht leichtfertig passieren und bedürfen einer genauen Einzelfall-Prüfung. Im Einzelfall Ukraine ist die Lage seit Jahren ziemlich klar: Das Land steht einem übermächtigen Aggressor gegenüber und hat Mühe, sich zu verteidigen. Wer wie Berlin zurecht den russischen Völkerrechtsbruch auf der Krim beklagt, muss auch mutig genug sein, zu diskutieren, wie die Selbstverteidigungs-Kräfte Kiews gestärkt werden können. Nicht um zu provozieren, sondern um abzuschrecken. Das dürfte Moskau jedenfalls eher zu politischen Gesprächen motivieren als softe Sanktionen.

Zwar ruderte Habeck gestern ein Stückchen zurück. Dass ausgerechnet der Grünen-Chef die Debatte angestoßen hat, ist in jedem Fall bemerkenswert. Auf dem Weg in die Regierung kommen auch die Grünen an harter Realpolitik nicht vorbei.

Marcus.Maeckler@ovb.net

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