Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) fordert seit Langem mehr Öffnungen. Jetzt sieht er seine Stunde gekommen. Ein Gespräch.
Herr Aiwanger, hat Dieter Reiter mit seinen Forderungen Recht?
Natürlich hat er Recht. Aber er hat in seinem Brief auch einige Punkte vergessen.
Welche denn?
Vor allem die Fußball-EM. Die Organisatoren brauchen da jetzt Klarheit. Wir sollten die Allianz Arena im Juni für jeden fünften Platz freigeben, das wären knapp 15 000 Zuschauer. Deshalb spiele ich jetzt mal – um im Bild zu bleiben – den Ball zurück zu Herrn Reiter. Ich hoffe auch da auf seine Unterstützung.
Entscheiden muss aber die Staatsregierung.
Ja. Aber auch die Stadt muss im Boot sein. Ein klares Signal vom Oberbürgermeister und dem Ministerpräsidenten muss jetzt zeitnah kommen. Aber es geht nicht nur um Profifußball. Wir sollten auch beim Breitensport mehr erlauben – innen wie draußen.
Herr Reiter spricht auch über die Kultur.
Die Obergrenzen für Besucher sind willkürlich – die müssen weg. Die Kultur braucht jetzt Freiheit für Veranstaltungen. In geschlossenen Räumen schlage ich vor, die Plätze nach Schachbrettmuster zu besetzen: also immer einen Platz Abstand und die Reihen versetzt.
Und draußen?
Draußen werden die Stühle meist individuell aufgestellt, da ist man sowieso flexibler. Aber das Schachbrettmuster wäre auch für die Fußballstadien ein Modell. Dann könnten wir mittelfristig auf 50 Prozent Auslastung kommen. Notfalls weiterhin mit Tests.
Was ist mit Schulen?
Bei einer Inzidenz unter 50 gibt es wieder Präsenzunterricht. Ich bin dafür, die Maskenpflicht zu lockern. Am Platz, Pausenhof und beim Sport Maske runter. Die Kinder sind ja getestet. Wir müssen uns darauf einstellen, dass Tests noch eine Weile bleiben.
Herr Reiter will die Masken auch auf öffentlichen Plätzen abschaffen.
Auch da stimme ich zu. Im Freien, beispielsweise auch am Marienplatz oder in der Fußgängerzone, bitte keine Masken mehr. Auch die Kontaktbeschränkungen auf drei Haushalte mit zehn Personen haben sich bei Inzidenz von 35 überholt. Wir sollten es in diesem Sommer den Menschen ermöglichen, wieder Hochzeiten und Familienfeste zu feiern. Gleiches gilt für die Innengastronomie. Ich gehe davon aus, dass wir uns da auf einen Starttermin in der ersten Junihälfte einigen.
Das ist eine lange Liste.
Und noch nicht alles. Wir müssen auch Märkte wieder zulassen – auch wegen der Schausteller. Märkte sind zudem die notwendigen Anlässe für verkaufsoffene Sonntage oder Shoppingnächte.
Was davon wollen Sie Markus Söder diesen Freitag bei der Kabinettssitzung vorlegen?
Alles. Und noch ein wenig mehr. Wir müssen der berechtigten Erwartungshaltung der Bevölkerung entgegenkommen.
Aber ganz ist Corona noch nicht vorbei. Was, wenn die Zahlen wieder steigen?
Natürlich kann man das nicht ausschließen. So wie im vergangenen Herbst. Aber die Lehre aus dem letzten Jahr ist doch: Wir hätten uns im Sommer mehr trauen können. Deshalb muss man die Atempause jetzt nutzen.
Interview: Mike Schier