Regierungsbildung in Israel

Einig nur im Feindbild

von Redaktion

MARCUS MÄCKLER

In Israel wächst zusammen, was nicht zusammengehört. Eine Parteienallianz von links nach rechts, von jüdisch bis arabisch will die Ära von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu beenden. Noch bevor das Bündnis aber überhaupt steht, ist sein größtes Problem schon offensichtlich: Zwar sind sich die potenziellen Partner in ihrem Feindbild einig – darüber hinaus wird es aber schwierig.

Die Parteien stehen vor einer komplexen Situation. Sie könnten es auf die fünfte Wahl innerhalb von gut zwei Jahren ankommen lassen; Umfragen zeigen aber, dass die Kräfteverhältnisse sich nicht ändern würden. Man stünde also wieder da, mit einem Wahlsieger Netanjahu, der Korruptionsklagen am Hals hat und dem nach zwölf Regierungsjahren schlicht die Integrationskraft für ein stabiles Bündnis fehlt. Den Verhandlern scheint es dann doch attraktiver, ein Experiment zu wagen, das es so noch nicht gab. Nur: Auch wenn der bleierne Netanjahu geht, bleiben die bleiernen Probleme. Dass die islamische Raam-Partei, die eine Minderheitsregierung dulden müsste, den Annexions-Träumen eines Naftali Bennett zustimmt, ist ausgeschlossen. Entweder klammert eine Regierung also zentrale Fragen wie die der Palästinenser aus – oder sie zerbricht.

Dennoch ist der Hunger nach Neuem groß. Und vielleicht steckt in dem Wackelkonstrukt doch eine leise Chance. Denn das mögliche Links-Mitte-Rechts-Bündnis bildet die extrem vielseitigen Interessen der israelischen Gesellschaft besser ab, als es Netanjahus Rechts-Bündnisse je taten. Es ist in jedem Fall einen Versuch wert.

Marcus.Maeckler@ovb.net

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