Die entwürdigende Propagandashow mit dem weißrussischen Oppositionellen Roman Protassewitsch erinnert ein wenig an die Vorliebe römischer Diktatoren, die ihre geschlagenen Gegner im Triumphzug durch Rom als Gefangene demütigend zur Schau stellten. Man mag sich gar nicht vorstellen, was der junge Mann in Minsk alles hat erdulden müssen, bis er so weit war, seinen Peiniger Alexander Lukaschenko als starken Präsidenten zu loben. Dieser Aspekt des „Interviews“ sagt viel über die Psyche des Diktators aus: Es geht nicht um sein Volk, nicht um sein Land, sondern nur seine persönliche Macht und Eitelkeit. Damit ist er leider nicht allein.
Dem Club der Demokratieverächter gehört immer offensichtlicher auch die Führung in Peking an. In Hongkong landet man schon im Gefängnis, wenn man mit einer Kerze in der Hand an das Blutbad an Pekinger Studenten 1989 auf dem Tian’anmen-Platz erinnert. Freiheit wird in China zum Fremdwort. Es wird immer klarer: Der Westen ist einer Illusion erlegen, als man nach dem Fall der Mauer 1989 den weltweiten Siegeszug der Demokratie für einen Selbstläufer hielt. Das Gegenteil ist richtig: Die Antidemokraten gerieren sich immer unverfrorener.
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