München – Buße und Demut sind nicht zu erwarten, aber vielleicht ein Hauch von Versöhnung: Mitte Juli hat sich die CSU mal wieder im Kloster eingemietet, nach anderthalb Jahren Corona-erzwungener Abstinenz eine richtige Klausur im oberbayerischen Seeon. Die vier Dutzend Bundestagsabgeordneten wollen sich vor der Hochphase des Wahlkampfs zusammenschließen. Ihr Gast: Kanzlerkandidat Armin Laschet.
„Ein Signal der Geschlossenheit“ verspricht Gastgeber Alexander Dobrindt. Das Ende des Haderns der CSU, die viel lieber Markus Söder als Kandidaten gewollt hätte? Bisher sind die Vorzeichen da zweideutig. Auch am Tag nach der für die CDU triumphalen Sachsen-Anhalt-Wahl – 37,1 Prozent, Sieg in fast allen Stimmkreisen – meidet Söder Gratulationen an Laschet. Er spricht statt dessen lieber vom „persönlichen Erfolg“ des eindrucksvoll bestätigten CDU-Ministerpräsidenten Reiner Haseloff.
Die Wiederannäherung der Unionsparteien ist schwierig. Noch immer wird nur in sehr kleinen Zirkeln am Wahlprogramm gebastelt. Dabei drängt die Zeit: Für 20./21. Juni versprechen CDU und CSU schon gemeinsame Eckpunkte. Selbst Söders Stellvertreter machen sich da Sorgen. Darauf deutet auch eine Wortmeldung von CSU-Vize Manfred Weber in der Vorstandssitzung hin. Er warnt, so berichten mehrere Teilnehmer, vor einer Vernachlässigung der Stammwähler – „auch wenn manche in der Runde das nicht gerne hören“. Sicherheit (auch der Arbeitsplätze), eine profiliertere Außenpolitik und eine mit Wirtschaft und Innovation ausbalancierte Klimapolitik müssten in den Fokus rücken.
Auf Nachfrage bestätigt der Niederbayer seinen Rat, sich mehr um die Stammklientel „in der bürgerlichen Mitte“ zu kümmern, statt um grüne Wähler zu buhlen. In der Klimapolitik etwa warnt Weber, im Sommer werde „mit dem Green Deal ein Aufschlag der EU-Kommission kommen: Das trifft elementare Fragen wie Heizung und Mobilität. Wir sollten diese Themen aufgreifen und schlüssig beantworten.“ Er warnt vor widersprüchlichen Aussagen seiner Partei: „Nicht gleichzeitig höhere CO2-Preise, aber eine Benzinpreisbremse fordern. Die Leute lassen uns nicht durchgehen, wenn wir verschiedene Signale senden. Wir brauchen ein ausbalanciertes Programm für die Bundestagswahl im Herbst.“
Weber will das nicht als Kritik an Söder verstanden wissen. Die strategische Debatte wurde im Ton sehr freundlich geführt. Klar ist aber: Der CSU fehlen auf diesen Politikfeldern bisher nicht nur Wahlprogramme, sondern auch Personen – in Bayern wie im Bund, wo die Regierungsmannschaft auch im Falle eines Machterhalts ausgewechselt werden soll.
Erste personelle Weichen stellen will die CSU exakt drei Monate vor der Wahl, am 26. Juni. Dann reiht sie im Nürnberger Fußballstadion die Liste für die Bundestagswahl. Dass mehrere Kandidaten davon zum Zuge kommen, ist aktuell nicht wahrscheinlich, es geht deshalb auch viel um Symbolik. Spitzenkandidat dürfte Alexander Dobrindt werden, das bekräftigte Söder gestern im Vorstand. Dahinter sollen die Plätze abwechselnd an Männer und Frauen vergeben werden, in der CSU ein Novum. Für 10./11. September plant die Partei zudem einen Präsenzparteitag in Nürnberg. Auch da wird Laschet wohl eingeladen. C. DEUTSCHLÄNDER