Auftakt der Fußball-EM

Die Stunde der Optimisten

von Redaktion

MIKE SCHIER

Sie hat sich quasi angeschlichen: Ohne dass Deutschland darauf vorbereitet wäre, beginnt heute die Fußball-Europameisterschaft. Fast auf den Tag genau 15 Jahre nach dem Sommermärchen, das 2006 das Land verzückte und seinen Auftakt mit Philipp Lahms Tor in der Allianz-Arena nahm. Diesmal finden sogar die ersten drei deutschen Spiele in München statt – doch im Land, das erst aus der Pandemie erwacht, kommt kaum Vorfreude auf.

Kein Sport hat eine so große gesellschaftliche Bedeutung wie der Fußball. Turniere waren immer auch Spiegelbild der Gemütslage der Deutschen – oder hatten große Wirkung auf sie: 1954 der erste WM-Sieg nur neun Jahre nach Kriegsende, 1990 der Erfolg nach dem Mauerfall oder eben 2006 die Entdeckung des fröhlichen, weltoffenen Gastgeberlandes, das sich selbst überraschte. 2020 sollte eigentlich das Turnier des Kontinents werden: Spiele in verschiedenen Ländern. Fans, die kreuz und quer durch Europa reisen. Das Konzept wirkt in Corona-Zeiten etwas aus der Zeit gefallen, aber womöglich ist es die richtige Erinnerung, dass Schlagbäume und Kontrollen (selbst im Schengenraum!) bald vorbei sein müssen.

Natürlich hängt viel vom sportlichen Abschneiden und manches vom Wetter ab: Aber trotz mangelnder Vorfreude hat diese EM großes Potenzial, zum Symbol der hoffentlich bald überstandenen Pandemie zu werden. Biergärten sind geöffnet, Treffen in Gruppen erlaubt – bei niedrigen Inzidenzen und wachsenden Impfraten wird endlich wieder gegrillt, angestoßen und gefeiert. Schwarzseher mögen vor Infektionen warnen. Aber vielleicht schlägt jetzt einfach die Stunde der Optimisten.

Mike.Schier@ovb.net

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