Teheran – Im Iran ist am Freitag begleitet von mäßigem Wählerinteresse ein neuer Präsident gewählt worden. Nach dem Ausschluss aller aussichtsreichen Kandidaten galt die Wahl des ultrakonservativen Justizchefs Ebrahim Raisi als nahezu sicher. Das geistliche Oberhaupt des Landes, Ayatollah Ali Chamenei, gab in der Hauptstadt Teheran als Erster seine Stimme ab und rief die rund 59 Millionen Wahlberechtigten auf, seinem Beispiel zu folgen.
„Je eher ihr diese Aufgabe und Pflicht erfüllt, besto besser“, sagte der 81-Jährige. Die Abstimmung „dient dazu, die Zukunft“ des iranischen Volkes aufzubauen. Raisi war schon bei der Präsidentschaftswahl 2017 angetreten und damals dem derzeitigen moderaten Amtsinhaber Hassan Ruhani unterlegen.
Der 60-Jährige ist nicht nur Politiker, sondern auch Geistlicher: Er sieht sich als Nachfahre des Propheten Mohammed, im schiitischen Klerus hat er den zweithöchsten Rang eines Hodschatoleslam inne. Als Politiker präsentiert sich der Ultrakonservative als „unerbittlicher“ Kämpfer gegen Armut und Korruption.
Von den ursprünglich knapp 600 Bewerbern hatte der Wächterrat nur sieben Kandidaten zugelassen. So durfte der moderat-konservative Ex-Parlamentspräsident Ali Laridschani, Chefunterhändler des Atomabkommens, überraschenderweise nicht kandidieren. Drei weitere Anwärter warfen zwei Tage vor der Abstimmung das Handtuch.
Gegen Raisi treten damit nur drei Kandidaten an: der Abgeordnete Amirhossein Ghasisadeh-Haschemi, der frühere Chef der Revolutionsgarden Mohsen Resai und als einziger reformorientierter Kandidat Ex-Zentralbankchef Abdulnasser Hemmati. Die Begeisterung der Wähler hält sich seit dem Ausschluss zahlreicher Hoffnungsträger in Grenzen. Den wenigen verfügbaren Umfragen zufolge könnte die Wahlbeteiligung auf einen Tiefstand fallen.
„Ich bin kein Politiker, ich weiß nichts über Politik“, sagte der Teheraner Automechaniker Nasrollah. „Alle Familien stehen vor wirtschaftlichen Problemen. Wie können wir für diese Leute stimmen, die uns das angetan haben? Das ist nicht richtig.“
Die Unzufriedenheit der Menschen ist angesichts der schweren wirtschaftlichen und sozialen Krise im Iran groß. Die Wirtschaft des ölreichen Landes ist infolge der strikten US-Sanktionen am Boden, die Bevölkerung leidet unter der anhaltenden Inflation und Arbeitslosigkeit. Die Corona-Krise verschlimmerte die Lage zusätzlich.
Amtsinhaber Ruhani, der nach zwei Amtszeiten nicht erneut kandidieren durfte, rief seine Landsleute dennoch zur Wahl auf. „Wahlen sind wichtig, egal was passiert. Trotz aller Probleme müssen wir wählen gehen.“ Die Wahlergebnisse werden erst für heute erwartet. Sollte kein klarer Gewinner aus der Abstimmung hervorgehen, findet am 25. Juni eine Stichwahl statt.