MIKE SCHIER
Lange Zeit genügte es der Union, vor Bundestagswahlen möglichst groß die Raute von Angela Merkel zu plakatieren. Wahlprogramme, auch wenn sie wie gestern als „großes Werk“ (Markus Blume) gefeiert wurden, gerieten rasch in Vergessenheit. Auch nach der Merkel-Ära dürfte es viele Deutsche kaum tangieren, wie auf Seite 131 der Passus zu „Stärkung von Zusammenhalt und Ehrenamt“ formuliert wurde. Entscheidender ist die Frage, ob die Deutschen Armin Laschet das Kanzleramt zutrauen. Und das wiederum hängt weiter davon ab, ob denn die Union selbst Armin Laschet das Kanzleramt zutraut.
Zumindest Markus Söder, schauspielerisch schon immer begabt, versucht inzwischen, seinen Platz (knapp) hinter Laschet mit Überzeugung einzunehmen. Die beleidigten Interviews scheinen vergessen. Nur bei der Journalisten-Frage nach dem aktuellen Benzinpreis konnte er der Versuchung nicht ganz widerstehen, den Kanzlerkandidaten öffentlich zu korrigieren. Doch die Verhältnisse sind klar: Die Mütterrente schafft es wegen Laschets Veto (zu teuer) auch 2021 nicht ins gemeinsame Wahlprogramm. Ob die CSU sie erneut in den Koalitionsverhandlungen durchdrücken kann, bleibt abzuwarten. Schließlich dürfte der Verhandlungspartner nicht mehr SPD heißen.
Doch so weit sind wir noch nicht. Erst einmal muss Laschet die Wahl gewinnen. Das Programm, das den Klimaschutz ins Zentrum stellt, aber nicht anderen Feldern überordnet, ist eine gute Grundlage. Nun hängt es an Laschet selbst. Dessen abgelesener Vortrag bei der Pressekonferenz war schon vergessen, als Söder das Wort ergriff. Das mag ein paar Shitstorms verhüten – doch wer Wähler mobilisieren will, muss etwas mehr begeistern.
Mike.Schier@ovb.net