Berlin – Im Mai schien der Durchbruch gelungen: Eine Aufteilung der Zusatzkosten durch den CO2-Preis auf Öl und Gas zwischen Mietern und Vermietern – dafür hatte die SPD lange gekämpft. Jetzt ist klar: So wird es nicht kommen, die Union macht nicht mit. Eine Kosten-Teilung sei kontraproduktiv, sagte Fraktionsvize Thorsten Frei. Der CO2-Preis solle schließlich bewirken, dass Mieter weniger CO2 verbrauchen. Zudem seien Vermieter nicht die Verursacher von Heizkosten.
Schon jetzt sei garantiert, dass es nicht zu „sozialen Unwuchten“ komme, sagte Frei. Wer etwa Transferleistungen bekomme, erhalte die Wohnkosten ohnehin vom Staat. Die SPD äußerte sich dagegen enttäuscht. Jetzt müssten die zusätzlichen Kosten allein die Mieter stemmen, sagte Fraktionschef Rolf Mützenich. „So stellen wir uns sozialen Klimaschutz nicht vor.“
Der Kabinettsbeschluss vom 12. Mai hatte zunächst vorgesehen, dass bei Mietverhältnissen Vermieter die Kosten des nationalen CO2-Preises zur Hälfte tragen. Nach bisheriger Rechtslage tragen Mieter die Mehrkosten alleine. Das heißt: Wenn weiter hauptsächlich fossil geheizt wird, wird es teuer. Wie das Portal Check24 errechnet hat, sorgt schon der CO2-Preis von 25 Euro bei einer Familie mit Mietwohnung und einem Verbrauch von 1000 Litern Heizöl pro Jahr für Mehrkosten von knapp 79 Euro.
Das sogenannte Klimaschutz-Sofortprogramm wird heute nun ohne den Mieter-Passus ins Kabinett gehen. Es enthält im Wesentlichen den Plan für die Verteilung der acht Milliarden Euro, die in den kommenden Jahren zusätzlich in Klimaschutzmaßnahmen fließen sollen. Umsetzen muss das aber die nächste Bundesregierung.
Als Versäumnis kritisierte SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch das Konzept für den Ausbau erneuerbarer Energien. Hier sei es nicht gelungen, den Bundesländern verbindliche Ziele zu stecken, etwa für den Ausbau der Windenergie an Land. Die Einigung sieht vor, für nächstes Jahr die Ausschreibungsmengen für neue Windkraftanlagen an Land um 1,1 Gigawatt auf vier Gigawatt und für Solaranlagen um 4,1 Gigawatt auf sechs Gigawatt anzuheben. Erleichtert werden soll auch das Repowering vorhandener Anlagen.
Im ursprünglichen Entwurf des Sofortprogramms war auch eine Solardach-Pflicht für Neubauten vorgesehen. Wie es scheint, wird sie nun doch nicht kommen, die Koalitionäre konnten sich bei diesem Punkt schlicht nicht einigen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte eine solche Pflicht auch für den Freistaat angekündigt. Geschehen ist bislang aber nichts.
Den Rahmen aller Maßnahmen und Finanzpläne bildet das Bundesklimaschutzgesetz, das morgen und Freitag Bundestag und Bundesrat passieren soll. Darin werden die neuen Klimaziele verankert, die sich die Regierung nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Mai gesteckt hatte. Deutschland strebt demnach bis 2045, also fünf Jahre früher als ursprünglich geplant, Treibhausgasneutralität an. Dann soll nur noch so viel klimaschädliches Gas ausgestoßen werden, wie wieder neutralisiert werden kann.
Über den richtigen Weg streitet die Politik seit Wochen. Grüne und Linke kritisierten das Klimaschutzkonzept der Bundesregierung am Dienstag als unzureichend. Es gebe nur „ein paar kleine Förderprogramme“ statt „grundsätzlicher Reformen“, kritisierte etwa Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter.
Auch Umwelt- und Sozialverbände sind enttäuscht und sehen den nötigen sozialen Ausgleich für höhere CO2-Preise bedroht. Olaf Bandt, Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), beklagte, dass die Beschlüsse vor allem Unternehmen zugutekämen. Am Montagabend hatten die Fraktionen bekannt gegeben, dass künftig mehr Unternehmen eine staatliche Entschädigung für bezahlte CO2-Preise geltend machen können. dpa/mmä