Nürnberg – Im weiten Rund des Nürnberger Fußballstadions wirkt die CSU-Bühne vor der Haupttribüne in Höhe der Mittellinie recht verloren. Anders als bei den pompösen CSU-Großveranstaltungen vor der Corona-Krise kommt an diesem Samstag bei der Aufstellung der Liste für die Bundestagswahl einfach keine Stimmung auf. Kein Wunder, der Amoklauf von Würzburg mit drei Toten und sechs Verletzten liegt wie ein lähmender Schatten über dem Stadion, verhindert jede Freude über die erste Präsenzveranstaltung der CSU seit Aschermittwoch 2020.
Auch Parteichef Markus Söder, eigentlich ein Garant für stimmungsvolle Reden, wirkt gezeichnet von der Bluttat, eine Absage war dem Vernehmen nach aber wegen der Fristen bis zur Bundestagswahl nicht möglich. Und so kommen seine ersten Worte nach der Gedenkminute für die Opfer auch eher hölzern daher, als er von der Begrüßung zur sich langsam verbessernden Lage der Union überleitet. Man spürt, es ist ein Pflichttermin, der nun auch noch ohne die sonst übliche Musik oder Einspielfilme auskommen muss.
33 Minuten dauerte Söders Rede, in der er die Union so gut es ging auf einen harten Wahlkampf einstellte: „Der Trend ist gut. Aber nach wie vor haben möglicherweise andere Mehrheiten wie die Ampel eine Chance, verwirklicht zu werden.“ Nicht leichtsinnig werden, rät er. CSU und CDU müssten das volle Wählerpotenzial ausschöpfen. Die CSU müsse auch Wähler anderer bürgerlicher Parteien für sich begeistern. „Im Herzen FDP, im Herzen Freie Wähler, aber auf dem Stimmzettel beide Stimmen für die CSU.“
Söder zog erste rote Linien für mögliche Koalitionsverhandlungen nach der Wahl am 26. September. So sei die Umsetzung der erweiterten Mütterrente eine Grundbedingung für eine Regierungsbeteiligung der CSU. „Egal, mit wem wir regieren, aber das ist Bedingung“, sagte er. Die CSU fordert, älteren Müttern wie den jüngeren drei statt zweieinhalb Rentenpunkte pro Kind anzurechnen. Die CDU hatte jüngst bei der Aufstellung des Wahlprogramms der Union noch verhindert, dass die Mütterrente hier aufgenommen wird. Sie wird daher im CSU-Wahlprogramm enthalten sein.
Söder wiederholte zudem die Absage an jegliche Steuererhöhungen, dies wäre jetzt nach Corona Gift für die Wirtschaft, die sich gerade erhole. Stattdessen brauche es wettbewerbsfähige Unternehmenssteuern und die Abschaffung des Solidaritätszuschlags für alle Menschen. Darüber hinaus betonte Söder, dass die CSU die Forderung der FDP nach einer Abschaffung der Gewerbesteuer nicht mittragen werde. Die CSU stehe an der Seite der Kommunen, für die die Steuereinnahmen von ganz besonderer Bedeutung seien.
Schließlich wählten die 269 Delegierten wie geplant Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und Digital-Staatsministerin Dorothee Bär mit mehr als 93 Prozent an die Spitze der Landesliste. Auf Platz drei: der angeschlagene Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer.
Obwohl es bei der Wahl keine einzige Überraschung gab, so ist die am Ende 92 Bewerber umfassende Liste durchaus historisch: Erstmals in ihrer Geschichte tritt die CSU bei der Bundestagswahl mit einer paritätisch besetzten Kandidatenliste an. Das heißt, dass immer abwechselnd ein Mann und eine Frau berücksichtigt wurden. Nur 25 Delegierte hatten sich zuvor gegen dieses Prinzip ausgesprochen.
Die Liste trägt die Handschrift von Söder. „Jünger, weiblicher“. Zur Wahrheit gehört aber auch, bei keiner Partei hat die Liste eine so untergeordnete Rolle wie bei der CSU. Seit Jahr und Tag setzt die CSU darauf, dass ihre Abgeordneten über das gewonnene Direktmandat in den Bundestag einziehen. Und in den 46 Wahlkreisen finden sich gerade einmal zehn Frauen unter den Kandidaten der Partei.