Die aktuellen Nachrichten aus Afghanistan übertreffen noch die schlimmsten Befürchtungen für die Zeit nach dem endgültigen Abzug der internationalen Truppen am 11. September. Die Taliban drehen das Rad der Geschichte nach 20 Jahren Nato-Einsatz am Hindukusch in einer Geschwindigkeit zurück, die man kaum glauben mag: Seit Anfang Mai sind bereits mehr als 70 der rund 400 Bezirke Afghanistans neu an die Taliban gefallen. Tausende Menschen fliehen vor dem Vormarsch der Steinzeit-Krieger. Man kann nur hoffen, dass die afghanischen Sicherheitskräfte, in deren Ausbildung die internationalen Truppen so viel Zeit, Geld und menschliche Kräfte investiert haben, nicht so rasch kollabieren.
Derweil fragen sich hierzulande immer mehr Menschen, ob sich der ganze Aufwand gelohnt hat. Allein 59 Bundeswehr-Soldaten haben am Hindukusch ihr Leben gelassen, von den vielen Milliarden Euro, die der Krieg gekostet hat, ganz zu schweigen. Viele Hoffnungen, die mit dem Einsatz verbunden waren, hätten sich nicht erfüllt, sagte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble im Parlament. Das ist zurückhaltend ausgedrückt. Nach der Bundestagswahl muss die neue Regierung rasch ehrliche Bilanz der Afghanistan-Mission ziehen. Und die Lehren bei anderen Einsätzen – etwa in Afrika – beherzigen.
Alexander.Weber@ovb.net